So gehen Ärzte mit falschen Masken-Dispensen um
Nicht nur Deutsche, auch Schweizer Ärzte stellen falsche Masken-Dispensen aus. Dies wird nicht nur von Kollegen scharf verurteilt, es ist auch illegal.
Das Wichtigste in Kürze
- In der Schweiz gilt seit einigen Monaten eine Maskenpflicht im ÖV.
- Wer keine Maske tragen kann, kann eine Dispens beim Hausarzt beantragen.
- Dieses Angebot kann aber ausgenutzt werden, wie die Ärzte erleben.
Seit Monaten herrscht eine allgemeine Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr, einige Kantone haben diese Pflicht auf die Läden erweitert. Ein jeder über dem Alter von 12 Jahren muss eine Hygiene- oder Stoffmaske tragen. Ausser, es ist aus medizinischen Gründen nicht möglich.
Dies muss ein Arzt beurteilen, der eine Dispens für das Nichttragen der Maske ausstellen kann. Dies ist auch den Masken-Muffeln aufgefallen. Kann also jeder der will sich ein solches Zeugnis ausstellen lassen?
Tatsächlich geht dies einfacher als angenommen. Beweisen tut dies beispielsweise eine Berner Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, wie die «Sonntagszeitung» jüngst berichtete. Sie gehört unter anderem zur Plattform «Ärzte für Aufklärung»: Ein Mix aus medizinischem Fachpersonal, das gegen die Massnahmen des Bundes weibelt.
Wer die Ärztin per E-Mail um eine Dispens bittet, erhält diese – für 20 Franken und ohne Untersuchung. Die Berner Ärztin ist jedoch kein Einzelfall, auch in Deutschland sind gefälschte Masken-Dispensen eine Art Verkaufsschlager.
Reporter des Investigativmagazins «Report Mainz» der ARD erhielten in mehreren Arztpraxen ein Attest gegen die Maskentragpflicht – ohne vorherige Untersuchung.
Hausärzte verurteilen das falsche Ausstellen von Dispensen scharf.
Maskenpflicht wegen Coronavirus ist wichtig
Einer dieser Hausärzte ist Peter Tomasi, Facharzt für Innere Medizin. Er selbst hat bisher nur ein solches Zeugnis ausgestellt. «Und zwar für einen noch jüngeren Patienten mit geistigen Einschränkungen. Er kann die Maske wegen klarer, seit Jahren diagnostizierter Angststörung nicht tragen.»
Auch per E-Mail würden ihn viele Personen kontaktieren, um der Maskenpflicht aus dem Weg zu gehen. Doch Tomasi bleibt hart, beteuert er. «Hier wies ich jeweils darauf hin, dass der Arzt die Behörden im Epidemiefall unterstützen muss. Und sicher nicht leichtfertig ein Zeugnis ausstellen darf.»
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) nennt als mögliche Gründe für eine Dispens Gesichtsverletzungen, hohe Atemnot oder Angstzustände. Auch bestimmte Behinderungen seien von der Pflicht ausgenommen.
Denn für Tomasi ist klar: «Es besteht die berufsethische Pflicht nach bestem Wissen und Gewissen zu handeln. Im Epidemiefall hat man eine rechtliche Verpflichtung die Behörden in ihren Massnahmen zu unterstützen.» Er selbst setzt sich unter dem Hashtag #StopCovidCH auf Twitter für eine schnelle Bewältigung der Pandemie ein.
«Kann mir das nicht vorstellen»
Auch der Zürcher Arzt Josef Widler sieht die ganze Sache kritisch. Ob er selbst solche Dispensen ausstelle? «Nein», er könne es sich auch nur schwer vorstellen, dies zu tun. Denn: «Wer echte gesundheitliche Probleme hat, wird sich sowieso nicht in Risikosituationen begeben.»
Widler hoffe inständig, dass die falschen Dispensen «seltene Ausnahmen» seien. «Diese Ärzte stellen gegen besseres Wissen ein falsches Zeugnis aus. Dies entspricht einem Straftatbestand!»
Verbindung Schweizer Ärzte verurteilt Masken-Muffel
Die Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH) unterstützt die Vorgaben des BAG in Sachen Masken tragen. Konkrete Richtlinien, unter welchen Umständen eine Dispens erteilt werden darf, hat die FMH nicht definiert. Hier müsse jeder Fall einzeln begutachtet werden, erklärt die Vereinigung gegenüber Nau.ch.
Und was, wenn Ärzte ein Arztzeugnis ohne Grund herausgeben? «Die FMH findet es problematisch, wenn Ärztinnen und Ärzte Zeugnisse ausstellen, ohne eine Konsultation durchgeführt zu haben.»