So stemmt sich Rheinfelden gegen den Einkaufstourismus

Yannick Stay
Yannick Stay

Unteres Fricktal,

Im Kampf um Kundschaft muss sich besonders die Aargauer Gemeinde Rheinfelden behaupten. Denn: Das benachbarte Deutschland ist nur wenige Gehminuten entfernt.

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Corinne Caracuta ist die City-Managerin von Rheinfelden AG. - zVg / Nau.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Einkaufstourismus stellt die Gemeinde Rheinfelden vor besondere Herausforderungen.
  • Denn: Zu Fuss sind es nur wenige Minuten ins benachbarte Deutschland.
  • Um sich dagegen zu behaupten, gibt es in der Aargauer Stadt eine City-Managerin.

Wenn man mit dem Auto die Grenze zwischen der Schweiz und Deutschland überquert, ist oft Geduld gefragt. Zahlreiche Lenker warten dort, um am Zoll ihren Ausfuhrschein abgestempelt zu bekommen.

Doch das Ausharren lohnt sich: Dank des starken Franken sind die Preise für den Lebensmitteleinkauf in Deutschland meist deutlich niedriger. Zusätzlich bekommt man als Schweizer Einkäufer auch noch die Mehrwertsteuer zurückerstattet.

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Am Zoll können sich Schweizer «Einkaufstouristen» die deutsche Mehrwertsteuer zurückerstatten lassen. (Archivbild) - keystone

Kein Wunder, sieht man besonders am Wochenende Nummernschilder selbst aus Kantonen, aus denen die Anfahrt mehrere Stunden braucht.

Manchmal geht Einkaufstourismus sogar zu Fuss

Am grössten ist die Herausforderung des sogenannten Einkaufstourismus für Schweizer Gemeinden, die besonders nahe an der Grenze liegen. So wie etwa die Stadt Rheinfelden im Kanton Aargau, die direkt am Rhein liegt.

Mit dem benachbarten deutschen Rheinfelden (Baden) teilt man sich eine Brücke. Somit sind günstigere Einkaufsmöglichkeiten lediglich wenige Gehminuten entfernt.

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Lediglich eine Brücke über dem Rhein trennen das Schweizer und das deutsche Rheinfelden voneinander. - Nau.ch

Besonders für Geschäfte in der Altstadt ist dies neben dem Onlinehandel eine grosse, zusätzliche Belastung. Schon seit Jahren ist die Gefahr einer ausgestorbenen Altstadt eine grosse Sorge der Bevölkerung. Deshalb gibt es in Rheinfelden seit etwa vier Jahren ein sogenanntes City-Management.

City-Managerin soll Altstadt am Leben halten

Laut Webseite hat es die Aufgabe, die Altstadt «weit über die Stadtmauern hinaus bekannt zu machen». Zusammen mit dem Einzelhandel und der Gastronomie sollen Ideen zur Belebung umgesetzt werden. Ein «spannender Angebotsmix» ist das Ziel.

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Die Rheinfelder Altstadt ist nur wenige Gehminuten von der deutlich günstigeren Konkurrenz entfernt. Dennoch will sie sich behaupten. - Nau.ch

Seit Februar 2021 ist Corinne Caracuta City-Managerin von Rheinfelden. Nau.ch hat bei ihr nachgefragt, was sie seitdem bewegt hat und wie sie sicherstellen will, dass die Rheinfelder Altstadt weiter attraktiv bleibt.

Nau.ch: Frau Caracuta, Sie sind als «City-Managerin» unter anderem dafür zuständig, die Altstadt von Rheinfelden zu beleben und attraktiv zu halten. Was hat sich diesbezüglich in den letzten Jahren bereits getan, seitdem es die Position gibt?

Corinne Caracuta: In den letzten vier Jahren hat das City Management Rheinfelden in die Erarbeitung von Datengrundlagen sowie sehr stark in die verbesserte Online-Sichtbarkeit investiert.

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Corinne Caracuta ist seit rund dreieinhalb Jahren City-Managerin von Rheinfelden. - zVg

Durch die Vernetzung von Grundeigentum und Gewerbebetrieben, ebenso wie das aktive Management von Leerflächen, ist es gelungen, verschiedene Betriebe neu anzusiedeln.

Nau.ch: Wie ist das Feedback des Gewerbes?

Caracuta: Das Feedback vom Gewerbe ist positiv, da viele Unternehmen von den neuen Präsentationsmöglichkeiten, der konstruktiven Zusammenarbeit und einem regelmässigen Austausch profitieren.

Diese positiven Rückmeldungen sind ein grosser Ansporn für mich, weiterhin innovative und nachhaltige Massnahmen zur Förderung des ansässigen Gewerbes in der Altstadt zu entwickeln.

«Das Schweizer Rheinfelden bietet einzigartige Vorteile»

Nau.ch: Inwiefern wird Ihre Aufgabe durch den Einkaufstourismus erschwert? Schliesslich sind «günstigere» Einkaufsmöglichkeiten ja nur wenige Gehminuten entfernt. Welche Vorteile bietet Rheinfelden AG gegenüber der deutschen Seite?

Caracuta: Der Einkaufstourismus nach Deutschland stellte schon immer eine Herausforderung dar – dieser Umstand ist nicht neu. Das Schweizer Rheinfelden bietet einzigartige Vorteile wie eine charmante Altstadt, eine vielfältige Gastronomie und individuelle Fachgeschäfte, die ein besonderes Einkaufserlebnis bieten. Zudem fördert das City Management Veranstaltungen und Aktionen, die die Attraktivität der Altstadt weiter erhöhen.

Nur noch sechs leerstehende Flächen

Nau.ch: Gibt es einen Austausch mit anderen Gemeinden, die eine ähnliche Grenznähe haben?

Caracuta: Ja, es gibt einen regelmässigen Austausch mit anderen Gemeinden, auch solche, die sich in ähnlicher Grenznähe befinden. Rheinfelden ist zudem Mitglied in der Interessensgemeinschaft der Aargauer Altstädte. Über diese Plattform finden regelmässige Treffen und gemeinsame Workshops statt. Dieser Austausch dient dem Wissenstransfer und der gemeinsamen Entwicklung von Massnahmen, von denen alle Städte profitieren können.

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Die Rheinbrücke darf seit 2008 ausschliesslich von Fussgängern, Velos und dem Bus benutzt werden. - Nau.ch

Nau.ch: Hat sich das Rheinfelder Gewerbe mittlerweile von den Folgen der Covid-Pandemie erholt? Werden Geschäfte wieder so frequentiert, wie dies davor der Fall war?

Caracuta: Das Rheinfelder Gewerbe hat sich nach der Covid-Pandemie gut erholt. Es konnten etliche Leerflächen wieder besetzt werden, sodass wir Ende 2023 in der Altstadt nur noch sechs leerstehende Flächen hatten. Allerdings hat sich das Kundenverhalten verändert. Auch für den stationären Handel und die Gastronomie hat die Bedeutung der Online-Präsenz zugenommen.

So möchten Gäste beispielsweise einfach und bequem eine Tischreservierung mit dem Smartphone erledigen können. Gleichzeitig hat die persönliche Beratung bei einem Dienstleister an Bedeutung gewonnen und ist zu einem wichtigen Kundenbedürfnis geworden.

Bist du regelmässiger «Einkaufstourist»?

Nau.ch: Wie zuversichtlich sind Sie, dass die Rheinfelder Altstadt langfristig attraktiv sein kann? Was ist diesbezüglich in der Zukunft geplant?

Caracuta: Die Rheinfelder Altstadt ist ein beliebtes Ausflugsziel. Ich bin davon überzeugt, dass sich ihre Attraktivität auch weiterhin durch ein gut abgestimmtes Angebot in den Bereichen Gastronomie, Detailhandel, Dienstleistung, öffentlicher Raum und Freizeiterlebnisse positiv entwickeln wird.

Ein starker Fokus liegt daher auf dem Austausch mit den Betrieben und ihrer Weiterentwicklung, um den heutigen Ansprüchen der Kundinnen und Kunden auch zukünftig gerecht zu werden. Als Beispiel prüfen wir ein Weiterbildungsangebot mit dem Thema «Digitales Marketing». Mit einer Passanten-Frequenzmessung wollen wir weitere Datengrundlagen für künftige Aktivitäten und Massnahmen liefern.

Kommentare

User #3991 (nicht angemeldet)

So lange der Bund uns weiter nicht gegen Hochpreisinsel was tut so lange kaufe ich in ausland. Die können mir mal Kreuzweisen. Die CH-Wirtschft importiert selber billia aus dem Ausland, aber das Volk soll brav in der Schweiz einkaufen, um demit den Zwischenhandel zu unterstützen. Nein Danke!

User #5023 (nicht angemeldet)

In Rheinfelden (CH) meint man, dass eine Fussgängerzone und historische Altstadt es ausmachen. Fakt ist, dass das Städtli vor allem unter der Woche wenig einladend wirkt. Die "vielfältige" Gastronomie und die "individuellen" Fachgeschäfte haben teils lächerliche Öffnungszeiten und da ist dann noch der Service. Hier erlebt man nicht selten ein völlig abgehobenes, arrogantes Benehmen, welches nicht zu Wiederholungsbesuchen motiviert. Die Probleme sind zu einem Grossteil selbstgemacht...

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