Sogar Lehrer sehen Vorteile im Ufzgi-Abschaffen
An der Kantonsschule Zürich-Nord wird über eine allfällige Abschaffung der Hausaufgaben diskutiert. Auch an anderen Schulen geht es in dieselbe Richtung.
Das Wichtigste in Kürze
- An der Kantonsschule Zürich-Nord wird über eine Abschaffung der Hausaufgaben diskutiert.
- Dadurch sollen auch Eltern, die ihren Kindern nicht helfen können, entlastet werden.
- Gymnasiastinnen und Gymnasiasten selbst sollen mehr Eigenverantwortung übernehmen.
An Schweizer Gymnasien ist die Belastung für die Schülerinnen und Schüler offenbar sehr hoch. Die Zürcher Kantonsschule Zürich-Nord will diese nun womöglich etwas verringern. In der Schule wird darüber diskutiert, die Hausaufgaben komplett abzuschaffen.
Ist das der richtige Weg?
«Tatsächlich sind viele Jugendliche im Gymi überlastet», erklärt Gabriela Heimgartner, Co-Präsidentin des Vereins Schule & Elternhaus. Dies liege aber nicht nur an der Schule, sondern auch daran, dass Jugendliche oft viel nebenbei machen: Hobbys, Musik, Sport und mehr.
«Es gibt auch Schüler, die es eher knapp ins Gymi geschafft haben und jetzt hart dafür arbeiten müssen», sagt sie. Früher sei in solchen Fällen vielleicht eher Thema gewesen, stattdessen eine Lehre zu machen. «Da spielt vielleicht auch eine Veränderung in der Gesellschaft eine Rolle», so Heimgartner.
Nicht alle Eltern können bei Ufzgi helfen
Der Schweizer Lehrerinnen- und Lehrerverband (LCH) stellt sich nicht gegen solche Entlastungsmassnahmen. «Aufgrund der ungleichen Betreuungssituationen zu Hause ist bei Hausaufgaben die Chancengerechtigkeit nicht gegeben», erklärt Geschäftsleitungsmitglied Beat Schwendimann.
Sprich: Nicht alle Eltern können bei den Ufzgi helfen oder jemanden für Nachhilfe bezahlen – das schafft unterschiedliche Verhältnisse. Zudem zeige eine Studie von 2016, dass «Hausaufgaben für viele Familien eine Belastung darstellen», so Schwendimann.
Auch das Mittelschul- und Berufsbildungsamt des Kantons Zürich verweist auf den Lehrplan 21. In diesem sind Hausaufgaben aus ähnlichen Gründen nicht mehr vorgesehen. Demnach liege es vollständig in der Kompetenz der Schulen, sie abzuschaffen.
Gymnasiasten müssen selbstständig sein
«Der Punkt der Chancengleichheit kann sehr trügerisch sein», hat Heimgartner aber einzuwenden. In der Primarschule ändere die Abschaffung der Hausaufgaben bei dieser Problematik kaum etwas. «Im Gymnasium können die Eltern oft allgemein nicht mehr viel helfen. Die Schüler sollten Hausaufgaben selbstständig erledigen können», erklärt sie.
Viel wichtiger ist laut Heimgartner, dass die Hausaufgaben «sinnvoll» seien. Gegen Aufgaben wie das Lesen eines Artikels zur Vorbereitung oder das Lernen für eine Prüfung hat sie nichts. «Mathe-Übungen abarbeiten oder andere Fleissaufgaben machen weniger Sinn», findet sie.
Schüler sollten ihre Zeit vielmehr individuell nutzen können – gerade im Gymi. Dazu könnten die Lehrpersonen beispielsweise optionale Übungen verteilen. Mit diesen können Schüler in den Fächern mehr üben, in denen sie eher schwach sind. «In diesem Alter liegt das in ihrer eigenen Verantwortung», so Heimgartner.
Von Hausaufgaben zu «Schulaufgaben»
In ihren Augen muss weniger über die Abschaffung als vielmehr über die Qualität von Hausaufgaben diskutiert werden. Sich ausserhalb der Schule mit den Themen zu befassen, könne nämlich auch wichtig sein. «Die Schüler sollten schliesslich immer noch etwas lernen», sagt sie.
Die Kantonsschule Zürich-Nord ist gemäss Schwendimann aber nicht die einzige, die sich Überlegungen zur Abschaffung von Hausaufgaben mache: «Es gibt mittlerweile zahlreiche Schulen, welche statt Hausaufgaben nun ‹Schulaufgaben› einsetzen.» Diese können Schülerinnen und Schüler betreut im Anschluss an den Unterricht bearbeiten.
«Andere Schulen integrieren die Bearbeitung von Aufgaben vollständig in den Unterricht», erklärt der Experte zudem. Diese neuen Konzepte würden sich immer mehr durchsetzen.
