Solaroffensive löst Run auf alpine Standorte in Graubünden aus
Im Kanton Graubünden sollen zahlreiche neue Solaranlagen entstehen. Besonders im Fokus liegen dabei Standorte in den Bergen – unter anderem neben Skigebieten.

Das Wichtigste in Kürze
- Der Kanton Graubünden will die Solarenergie ausbauen.
- Dafür sind zahlreiche Anlagen im alpinen Raum vorgesehen.
- Umweltorganisationen sind nicht begeistert.
Die Solaroffensive des Bundes hat in Graubünden einen Run auf hochalpine Standorte ausgelöst. Die meisten Solar-Grossanlagen sollen neben Skigebieten entstehen. Hinter den Vorhaben stehen auch Energiekonzerne aus dem Mittelland.
Gemäss einer aktuellen Recherche der Nachrichtenagentur Keystone-SDA haben Energieunternehmen bisher mindestens 10 Projekte im Bündnerland bekannt gemacht.

Axpo, Repower und das Elektrizitätswerk der Stadt Zürich (EWZ) treiben je zwei Solar-Grossvorhaben voran. Während Repower und EWZ weitere Standorte prüfen, hat die Axpo bereits andere noch nicht kommunizierte Freiflächenanlagen in der Pipeline.
Auch die Industriellen Werke Basel sind mit einem Projekt dabei. Weitere Solarkraftwerke sind von örtlichen Unternehmen geplant: den Engadiner Kraftwerken (EKW) zusammen mit Energia Engiadina (EE), dem Elektrizitätswerk Samedan und der Energia Alpina (EA) aus Sedrun.
Sieben Anlagen neben Schneesportgebieten
Die ab 1700 Metern über Meer geplanten Anlagen sollen eine Leistung zwischen 7,5 Megawatt (MW) und 61 MW haben. Damit könnten sie den Stromverbrauch von 2000 bis 50'000 Haushalten abdecken. Der Flächenbedarf ist gross und reicht von einem Dutzend Hektaren bis zu fast einem Quadratkilometer.
Sieben dieser Grossanlagen sind neben Schneesportgebieten geplant. Es handelt sich einerseits um die Skigebiete Andermatt-Sedrun-Disentis (Axpo und EA) und Laax (Repower). Auch Savognin (EWZ), Splügen-Tambo (EWZ), Motta Naluns in Scuol (EKW/EE) und Madrisa in Klosters (Repower) gehören dazu.

Je eine Anlage soll beim Nalps-Stausee in Sedrun (Axpo) sowie auf der Alp Run in Disentis (IWB) entstehen. Dazu kommt eine beim Engadin Airport in Samedan (EW Samedan).
Ausgelöst wurden die Vorhaben durch die Solaroffensive des Bundes, wie eine Umfrage von Keystone-SDA bei den Energieunternehmen zeigte. «Das vereinfachte Bewilligungsverfahren und die zusätzlichen Fördermittel bilden die Grundvoraussetzung für die Realisierung beider Projekte», schrieb etwa Repower. Dank der Investitionsbeiträge des Bundes von bis zu 60 Prozent könnten alpine Solaranlagen erstmals wirtschaftlich realisiert werden.
Sonne scheint in der Höhe öfter und stärker
Die hochalpinen Standorte werden mit der effizienten Stromausbeute im Winter begründet, so wie sie vom Bund gefordert wird. Diese kann laut der Axpo im Mittelland kaum erreicht werden. Alpine Solaranlagen würden im Winter bis zu fünf Mal so viel Strom liefern, wie solche in tiefen Lagen. Die Sonne scheint in der Höhe öfter, stärker und wird zudem vom Schnee reflektiert.
Welche Anlagen realisiert werden und in welchem Umfang, ist aber noch offen – alle Projekte sind in einem frühen Stadium. Die Axpo etwa schliesst derzeit die Umweltverträglichkeitsprüfungen ab und arbeitet an den technischen Vorprojekten. «Die Baugesuche planen wir bis Ende Jahr einzureichen», erklärte die Medienstelle. Ähnlich äusserten sich auch Repower und EWZ.

Um Investitionsbeiträge zu erhalten, müssen die Solar-Anlagen bis Ende 2025 mindestens zehn Prozent der geplanten Produktion erreicht haben. «Der Zeitplan ist sehr ambitioniert», schrieb dazu EWZ.
Zwei Projekte haben bisher die Hürde einer Gemeindeabstimmung bewältigt und grünes Licht von den Stimmberechtigten erhalten. Diese sind die Repower-Anlage am Vorab in Laax (7,5MW) und die Anlage der Elektrizitätswerke Samedan beim Flugplatz (30MW).
Letztere ist das einzige in einem Talboden projektierte freistehende Solarkraftwerk. Obwohl nur etwa einen Kilometer vom Dorf entfernt, erhielt das Vorhaben eine Zustimmung von über 60 Prozent.
Umweltorganisationen sind skeptisch
Weitere Gemeindeabstimmungen sind für die kommenden Monate angesetzt. Nebst diesen ist auch das Resultat der Umweltverträglichkeitsprüfungen «matchentscheidend» und die Haltung der Umweltverbände zu den einzelnen Projekten.
Als letzte Instanz muss der Kanton eine Bewilligung erteilen. Bisher sind beim Amt für Energie und Verkehr aber noch keine Baugesuche eingegangen, wie Amtsvorsteher Thomas Schmid auf Anfrage ausführte. «Gute Projekte in Gebieten, die bereits erschlossen und bereits anderweitig belastet sind – durch Infrastrukturanlagen wie Skianlagen, Staumauern et cetera. – werden bessere Realisierungschancen haben», erklärte Schmid.

Für Umweltorganisationen bilden diese Kriterien eine zwingende Voraussetzung für die freistehenden Grossanlagen. Das erklärten Pro Natura Graubünden und Mountain Wilderness auf Anfrage. Beide Organisationen würden Solarpanel auf bestehenden Bauten und Infrastrukturen klar vorziehen.
Die Alpenschutzorganisation Mountain Wilderness zeigt sich aber «aufgeschlossen gegenüber Anlagen in bereits erschlossenen und vorbelasteten Gebieten». Pro Natura sieht die alpinen Freiflächenanlagen «in jedem Fall kritisch».