Stiftsbibliothek St. Gallen zeigt Literatur aus dem antiken Rom

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Stadt St. Gallen,

Literatur aus der römischen Antike wurde im Kloster St. Gallen über Jahrhunderte gelesen, abgeschrieben und kommentiert. Die Stiftsbibliothek zeigt in einer Ausstellung Handschriften und Fragmente solcher Texte – von Liebesdichtung über Satire bis zu Lehrwerken in Versform.

Stiftsbibliothek St. Gallen
Die St. Galler Stiftsbibliothek ist Teil des Unesco-Weltkulturerbes. - sda - KEYSTONE/GIAN EHRENZELLER

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Literatur der römischen Antike sei «vielfältig, farbig, sinnlich», schreibt die Stiftsbibliothek über ihre Winterausstellung, die am Dienstag eröffnet wird und bis zum 12.

März 2023 dauert. Das Kloster St. Gallen sei ein wichtiger Ort für die Überlieferung antiker Texte gewesen.

Zu sehen sind etwa Fragmente des «Vergilius Sangallensis», einer spätantiken Handschrift, die einst alle Werke des römischen Dichters Vergil (70 bis 19 v. Chr.) enthielt. Die Bruchstücke auf Pergament sind laut Stiftsbibliothekar Cornel Dora «wahrscheinlich das älteste überlieferte Schriftszeugnis» der St. Galler Bibliothek.

Die Fragmente datieren aus dem 4. oder 5. Jahrhundert und sind in einer sehr seltenen Grossbuchstabenschrift (Capitalis quadrata) geschrieben. Der Vergilius Sangallensis gilt als eine der ältesten erhaltenen Vergil-Handschriften. Die Fragmente wurden teilweise von Mönchen im Mittelalter mit anderen Texten überschrieben.

Ein Schaukasten ist Satiren von Horaz, Seneca und Juvenal gewidmet. Darin wurde das lasterhafte Leben im alten Rom zornig kritisiert oder auf subtile Art ins Lächerliche gezogen. Die Komödien von Terenz waren wegen ihres guten Alltagslateins bei den Mönchen beliebt, wie Franziska Schnoor, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Bibliothek, erklärte.

Die zum Teil recht freizügige Liebesdichtung von Ovid und Horaz wurde im Kloster St. Gallen im 10. und 11. Jahrhundert gelesen, «obwohl sie mit der christlichen Moral nicht vereinbar war», wie die Stiftsbibliothek schreibt. Zur Zeit der Gegenreformation im 17. Jahrhundert verfuhr man mit diesen Texten strenger.

Sie wurden mit Hilfe von Durchstreichungen zensuriert. Dies ist in den ausgestellten Handschriften gut erkennbar. Einige noch viel derbere Passagen in den gleichen Bänden seien unzensuriert, sagte Dora. Möglicherweise seien diese Verse den Mönchen von ihren Lehrern vorenthalten worden.

In römischer Zeit wurden nicht nur Dichtungen in Versform geschrieben, sondern auch persönliche Briefe oder Sachbücher. Beispiele dafür sind Vergils Lehrgedicht «Georgica» über die Landwirtschaft, eine Anleitung zur Weinherstellung oder der Reisebericht «Mosella» über eine Wanderung an die Mosel.

Zu sehen sind auch Abschriften von privaten Briefen des Kaisers Cicero (106 bis 43 v. Chr) oder Werke literarischer Geschichtsschreibung. Daneben gibt die Ausstellung auch Einblick in die Mythologie, etwa mit den Metamorphosen von Ovid oder mit Schriften über den Trojanischen Krieg und Theben.

www.stiftsbibliothek.ch

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