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Pendler packen aus: So kulant können SBB-Kontrolleure sein

Bettina Zanni
Bettina Zanni

Bern,

Im Ärger über Bussen geht unter, dass das Personal der SBB oft auch kulant – oder sogar charmant ist. Pendlerinnen und Pendler erzählen von ihrem Glück.

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Kontrolleurinnen und Kontrolleure überraschen manche Passagiere mit Kulanz. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Für falsch gelöste Tickets hat das Zugpersonal auch Gnade.
  • Ein Pendler fragt sich, welche Rolle seine schicke Kleidung spielte.
  • Allgemeine Kulanz-Regeln hat die SBB nicht.

Im Zug können Passagiere schnell in die Bussenfalle fahren. Ein Beispiel: Eine 27-jährige Bernerin kassierte eine Busse von 100 Franken, weil sie ihr GA vergessen hatte.

«Dass direkt eine Busse reinflattert, finde ich ziemlich respektlos», sagte sie. Schliesslich könne es passieren, dass Sachen vergessen gingen.

Knallhart bestraft wird auch ein Schwatz in der ersten Klasse, wenn Passagiere nur ein 2.-Klasse-Ticket haben.

Für grosse Empörung sorgte die Busse von Schülerinnen in der Luzerner Zentralbahn. 75 Franken brummte die Kontrolle ihnen auf, als sie beim Einsteigen kurz im Eingang des 1.-Klasse-Wagons standen.

Im Ärger über die Bussen geht unter, dass das Personal der SBB oft auch kulant – oder sogar charmant ist.

Abgelaufenes Sparbillett

Beispiel Nummer eins: Eine Pendlerin der SBB berichtet, auf der Strecke Freiburg–Bern ein Sparbillett für den Zug um 5.33 Uhr gelöst zu haben.

«Dies fälschlicherweise. Denn ich wollte um 6.03 auf den Zug», sagt sie zu Nau.ch. In der falschen Annahme, ein Ticket zu besitzen, habe sie diesen Zug genommen.

Als die Kontrolleurin kommt, wird auf ihrer SBB-App kein gültiges Billett angezeigt. Grund dafür ist, dass das Sparbillett von 5.33 Uhr schon abgelaufen ist. Sie habe den QR-Code aber noch im E-Mail gefunden, so die Pendlerin.

Ist das SBB-Personal kulant?

«Die Zugbegleiterin war glücklicherweise kulant.» Sie habe ihr lediglich gesagt, sie solle vor ihren Augen ein normales Ticket lösen. «So war die Sache für sie erledigt.»

Kontrolleurin der SBB «war mega freundlich»

Ein weiteres Beispiel, das Nau.ch bekannt ist: Eine Pendlerin löst in der Eile ein falsches Ticket.

Sie will schnell den SBB-Zug von Bern nach Luzern erwischen. Der Ticketautomat bot zwei Auswahlmöglichkeiten an Strecken. In der Eile wählte sie die falsche und günstigere Strecke an.

«Die Kontrolleurin war aber mega freundlich», sagt die Pendlerin. «Sie hat mir geglaubt, dass es wirklich keine Absicht von mir war.» Auch habe diese ihr freundlich erklärt, welche Strecke sie hätten wählen müssen.

«Ich konnte die Differenz einfach nachzahlen.»

Kollege löste falsches Ticket

Ein Reisender erinnert sich zudem an ein positives Erlebnis in der Rhätischen Bahn von Chur GR nach Thusis GR.

Sein Kollege habe für ihn das Ticket ab Bern bis Thusis gelöst. «Jedoch hat er versehentlich nur bis Chur gelöst.»

Ausgerechnet auf der Strecke zwischen Chur und Thusis taucht aber die Billettkontrolle auf. Er und sein Kumpel rechneten fest mit einer Busse.

Die Kontrolleurin hat eine junge Begleiterin dabei. Der Reisende vermutet, dass sich die junge Angestellte auf einer ihrer ersten Fahrten befindet.

Zu ihr sagt die Kontrolleurin: «So, dann kannst du für die zwei Passagiere jetzt noch ein Billett bis Thusis lösen. Sie zeigte ihr am Gerät, wie man es macht, redete freundlich mit uns.»

Von einer Busse ist während des Gesprächs laut dem Passagier nie die Rede. «Wir waren froh – fragten uns, ob es an der Kleidung gelegen hatte.»

Die beiden Passagiere seien nämlich in Schale im Zug gesessen. Sie wollten in Thusis in einem edlen Restaurant essen gehen.

«Er lud alle Passagiere auf einen Kaffee ein»

Auch ein Berner erinnert sich an eine positive Erfahrung bei der Billettkontrolle.

Im November 2024 schränkt ein plötzlicher Wintereinbruch den Zugverkehr ein. «Mein Zug war extrem verspätet», sagt der Mann. Er musste nach Langenthal BE fahren. Am Bahnhof Bern habe totales Chaos geherrscht.

«Nach der Abfahrt lud der vorherige Zugführer alle Passagiere auf einen Kaffee im Restaurant-Wagen ein.»

An diesem kalten und chaotischen Tag sei dies doch eine sehr freundliche Geste gewesen, so der Pendler. «Und hat meine Laune an diesem Abend drastisch verbessert.»

Kontrolleur macht Taxi-Service

Auch einen speziellen Service bot ein Kontrolleur einer gestrandeten Passagierin aus München.

Mit dem letzten Zug kommt Wissenschaftlerin Noora Buser in Zürich an, wie sie in einem Linkedin-Post schildert. Nach Bern fahren keine Züge mehr.

«Ich war bereit, mir ein Taxi nach Hause zu nehmen», so Buser. Doch dann hätten die Kontrolleure angeboten, ein Taxi für sie zu organisieren. Das Taxi erwischt sie aber nicht, weil es mit einem anderen Fahrgast bereits abgefahren ist.

Unerwartet sei der Kontrolleur wieder aufgetaucht, berichtet Buser. Und er bietet ihr spontan an, sie nach Hause zu bringen, da er in dieselbe Richtung fährt.

Geld für GA-Ärger

Ein anderer Pendler darf sich über eine Gutschrift am Schalter des Bahnhofs Schlieren ZH freuen. «Bei Kontrollen galt mein GA immer wieder als abgelaufen, obwohl ich es längst erneuert hatte», sagt der Zürcher.

Etliche Male sei er deshalb an den Schalter geschickt worden, um das Problem zu beheben. Genützt habe es aber nichts.

Am Schalter beklagt sich der Pendler über den ständigen Ärger mit dem GA.

Und das fruchtet: «Der Angestellte schrieb mir deshalb 177 Franken gut.»

Keine Busse trotz falschem Billett

Vergangenen Sommer berichtete Nau.ch von dreisten Passagieren, die sich ohne Ticket in die 1. Klasse setzen. «Es passiert immer öfter», erzählte eine Pendlerin.

«Regelmässig erwischt die Billettkontrolle Leute, die nur ein 2.-Klasse-Ticket besitzen.»

Es handle sich um Touristen, sagte die Pendlerin. «Aber oftmals auch um Leute, die sagen, sie hätten nicht bemerkt, dass sie in der ersten Klasse sitzen.»

Einige Billettkontrolleure seien kulant und schickten die Leute einfach in die 2. Klasse.

«Ich vertraue Ihnen»

In der richtigen Klasse, aber mit leerem Handy-Akku sass eine Passagierin auf dem Weg von Zürich nach Bern.

Bei der Kontrolle macht sie den Zugbegleiter darauf aufmerksam, dass sie ihr Ticket auf dem Handy habe. Wegen des leeren Akkus kann sie ihm dieses aber nicht mehr vorweisen.

Darauf fragte sie, ob er ihr Ticket im System überprüfen könne. Doch der Kontrolleur winkt ab. Dabei falle nur eine Bearbeitungsgebühr an, habe er gesagt.

«Er sagte dann: ‹Ich vertraue Ihnen.›» Sie sei sehr froh gewesen, sagt die Zürcherin. «Nicht alle Zugbegleiter sind Bünzlis.»

SBB prüft jeden Einzelfall individuell

Allgemeine Kulanz-Regeln hat die SBB nicht. Die Tarifbestimmungen von Alliance Swisspass seien für die SBB bindend, sagt SBB-Mediensprecherin Sabrina Schellenberg zu Nau.ch.

Demnach müssten Kundinnen und Kunden vor Abfahrt des Verkehrsmittels über ein gültiges Billett verfügen.

Kann eine Person keinen gültigen Fahrausweis vorweisen, erfasst dies das Kontrollpersonal vor Ort. «Nachgelagert ist eine vertiefte Abklärung der Einzelfälle möglich», sagt Schellenberg.

«Die SBB prüft jeden Einzelfall individuell.» Die Gleichbehandlung aller Reisenden sei für die SBB zentral.


Kommentare

User #2083 (nicht angemeldet)

Mir passiert selten Positives mit Menschen.

User #5219 (nicht angemeldet)

Das waren noch tolle Zeiten als man das Ticket in den CH ÖV kaufen konnte und es vom Kontrolleur entwertet wurde. Wenn man das Abo oder das Ticket vergessen hat, dann konnte man es im Zug oder im Bus kaufen beim Kontrolleur. Anstand war damals eben ein Teil der Dienstleistung. LOL.

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