Studis verteidigen Beiz-Besetzerinnen wegen «Inflation»
Studentinnen sitzen stundenlang in einem Berner Tibits-Restaurant, ohne zu bestellen – und sorgen damit für Ärger. Mitstudierende haben jedoch Verständnis.
Das Wichtigste in Kürze
- Studentinnen sitzen stundenlang in einem Berner Tibits-Restaurant, ohne zu bestellen.
- Schliesslich werden sie von einer Kellnerin aufgefordert, etwas zu konsumieren.
- Eine Studierendenvereinigung nimmt sie in Schutz.
Eine junge Frau sitzt im Vegi-Restaurant Tibits und lernt – doch bestellen will sie nichts. Bis eine Kellnerin freundlich, aber bestimmt nachhakt.
Als wenig später eine zweite Studentin dazustösst, tuschelt die junge Frau ihr zu: «Mann, wir müssen wohl doch etwas kaufen. Die Kellnerin ist vorhin zu mir gekommen und hat mich zusammengestaucht!» Offenbar hatten die beiden also geplant, den Tisch sozusagen gratis zu besetzen.
Dass das bei anderen Gästen – und wohl auch bei gewissen Beizern – für Ärger sorgt, versteht der Studierendenverein VSS. Doch Sprecherin Nadège Widmer nimmt die Tischbesetzerinnen nun auch in Schutz.
«Bibliotheken häufig überfüllt»
Für sie ist klar, es braucht mehr Lernorte ohne Konsumzwang: «Gerade in Zeiten der Lernphase sind Bibliotheken häufig überfüllt. Wir begrüssen es daher, wenn diese Infrastruktur ausgebaut wird», sagt sie zu Nau.ch.
Zudem gibt sie zu bedenken, dass viele Studierende mit finanziellen Engpässen zu kämpfen hätten: «Inflation betrifft Studierende als eine Gruppe mit tiefem Einkommen stark. Mietpreise, Krankenkassenprämien und steigende Lebensmittelkosten haben einen Einfluss auf die Studierenden», verteidigt sie die Studentinnen.
Widmer findet es gut, dass das Tibits mit Verständnis reagiert. Zur Erinnerung: «Wir möchten festhalten, dass wir uns über jeden Gast sehr freuen», hiess es bei der Vegi-Beiz auf Anfrage. Nur über Mittag würden Personen gebeten, Tische freizugeben, wenn sie nichts essen.
«Das Einfachste ist, zu Hause zu lernen»
Die finanziellen und platztechnischen Probleme der Studierenden kennt auch Budgetberater Philipp Frei. «Das Einfachste ist natürlich, zu Hause zu lernen. Allerdings ist das je nach Wohnsituation nicht immer ideal», gibt er zu bedenken.
Auch er stellt fest, dass es kaum ausreichend Lernplätze in den Hochschulen gibt. «Alternativen sind tatsächlich nicht immer ganz einfach zu finden. Bibliotheken, Quartiertreffpunkte oder Gemeindezentren wären Optionen», rät er.
Er hat auch ein paar Spartipps für Studis: «Es lohnt sich, zuerst bei den grossen Ausgaben zu optimieren: Miete und Krankenkasse.» Man könnte prüfen, ob man Anspruch auf Prämienverbilligung habe. Und beim Wohnen könnte man eine WG oder das Elternhaus in Betracht ziehen.
«Zudem sollte man die Ausgaben für Handyabo, Streamingdienste und so weiter regelmässig überprüfen. Nicht benötigte Abos sollte man kündigen oder auf günstigere Modelle wechseln.»
Velo statt Bus
Mobilität könne ebenfalls teuer sein. «Hier gilt: ÖV ist günstiger als Auto und Velo ist günstiger als ÖV.» Und beim Ausgang empfiehlt Frei einen Spieleabend mit Freunden statt Clubbing. «Zudem gibt es viele Ermässigungen für Studierende – hier lohnt sich das Nachfragen und Vergleichen.»
Zuletzt könne man bei den Alltagskosten sparen: «Viel selber kochen, bewusst einkaufen, auf teure Markenprodukte und Fertigmahlzeiten verzichten. Bei Kleidern, Möbeln und Küchenutensilien kann mit Tauschbörsen, Brockenstuben oder Tutti, Ricardo und Co. Geld gespart werden.»