Tausende Mitglieder: «Mohrenkopf»-Trotz-Gruppe sorgt für Kritik
Ganze 16'500 Mitglieder hat eine Gruppe auf Facebook, die fordert: «Mohrenkopf bleibt Mohrenkopf!» Eine Rassismus-Expertin schüttelt den Kopf.
Das Wichtigste in Kürze
- Vor einigen Jahren nahm die Migros nach Rassismus-Kritik «Mohrenköpfe» aus dem Sortiment.
- Auf Facebook provozieren nun einige die Kritikerinnen und Kritiker mit «Mohrenkopf»-Posts.
- Eine Rassismus-Expertin betont: Es gehe nicht ums Verbieten, sondern ums Reflektieren.
Der «Mohrenkopf» sorgt bis heute für Diskussionen: Einige finden ihn rassistisch, andere bestehen darauf, die Süssigkeit trotz der Kritik weiterhin so zu nennen. Ganze 16'500 Mitglieder trötzelen in einer Facebook-Gruppe: «Mohrenkopf bleibt Mohrenkopf!»
Zur Erinnerung: Vor wenigen Jahren nahm die Migros den «Mohrenkopf» von Hersteller Dubler aus dem Sortiment. Auslöser war ein Post auf X (damals Twitter), in dem eine Nutzerin schrieb: «Liebe Migros, ich bitte Sie, dieses Produkt unverzüglich aus Ihrem Sortiment zu nehmen! Dieser Ausdruck ist äusserst rassistisch konnotiert und entspricht nicht der Political Correctness.»
«Boykottieren alle Läden, die Dubler boykottieren»
Bei vielen anderen Herstellerfirmen, die die Süssigkeit verkaufen, heisst sie inzwischen Schokokuss. Dubler aber beharrt darauf, den Namen «Mohrenkopf» beizubehalten. Durch diese Beharrlichkeit hat das Unternehmen eine Facebook-Gemeinde mit Tausenden Mitgliedern um sich geschart: Die Gruppe «Dubler Mohrenkopf».
Jeden Tag posten darin Menschen aus der ganzen Schweiz Fotos, Fotomontagen und Videos von Dubler-«Mohrenköpfen». Um gegen die Rassismus-Kritik zu protestieren, fotografieren sie jeden «Mohrenkopf», der ihnen begegnet – und triumphieren: «Schon wieder einen gegessen!»
Sinn und Zweck der Gruppe ist offiziell, «alle Läden zu boykottieren, die Dubler wegen des ‹Mohrenkopfs› boykottieren». Also eben zum Beispiel die Migros.
«Es geht darum, zu reflektieren»
Bei der Stiftung gegen Rassismus GRA sorgt das für Fragezeichen. «Ich frage mich, warum diese Menschen unbedingt einen Begriff benutzen wollen, der Menschen diskriminiert. Die Posts sind geschmacklos und kindisch», sagt Geschäftsleiterin Stephanie Graetz zu Nau.ch.
«Was diese Leute nicht verstanden haben: Es geht nicht darum, ihnen das Wort zu verbieten. Es geht darum, sie dazu zu bewegen, zu reflektieren, welche Bedeutung dahintersteckt.»
Viele von ihnen wollen sich laut Graetz aber gar nicht damit auseinandersetzen. «Sie wollen sich einfach an der Vergangenheit festklammern. Fakt ist aber, dass dieser Begriff heute nicht mehr angemessen ist.»
Europäer stellten afrikanische Menschen wie im Zoo aus
Das Wort «Mohrenkopf» hat eine kolonialistische Vergangenheit. Wie die GRA schreibt, wurde der Name von einem deutschen Konditor im Zweiten Deutschen Kaiserreich (1871-1918) erfunden. Die deutschen Herrscher unterwarfen zu dieser Zeit die einheimische Bevölkerung in Ost-, Südwest- und Westafrika «mit einer aggressiven Kolonialpolitik».
Menschen aus diesen afrikanischen Gebieten wurden nach Europa verschleppt, um sie in sogenannten «Völkerschauen» vorzuführen – wie im Zoo. «Das ist den wenigsten bewusst.»
Die Rassismus-Kritik stösst bei Dubler-Geschäftsführer Robert Dubler auf Unverständnis. «Wir leben in einer Zeit, in der viel gefordert wird, leider meistens sinnlos», sagt er auf Anfrage von Nau.ch.
Er kritisiert, dass die Debatte um den «Mohrenkopf» von den Medien aufgebauscht worden sei. Nichtsdestotrotz freue er sich über die Facebook-Gruppe.