Überdüngte Böden: «Die Bevölkerung wird an der Nase herum geführt»

Christoph Krummenacher
Christoph Krummenacher

Bern,

Die Schweiz stösst jedes Jahr doppelt so viel Ammoniak aus, wie sie sollte. Das schadet Gesundheit und Umwelt. Franziska Herren möchte darum Augen öffnen.

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Kühe auf einer Schweizer Alp. (Symbolbild) - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Bevölkerung sei schlecht informiert über die Negativseiten der Landwirtschaftspolitik.
  • Der Ammoniak-Ausstoss ist seit 20 Jahren doppelt so hoch, wie er sein sollte.
  • Die Behörden seien zu wenig konsequent, findet etwa Franziska Herren.

Doppelt so viel wie vorgesehen. Die Schweiz ist bei den giftigen Ammoniak-Ausstössen europaweit auf Platz zwei. Die Folgen: Feinstaub. Dieser macht vor allem lungenkranken Menschen zu schaffen, kann längerfristig aber auch Krebs verursachen.

Die Schweiz hinkt im Vergleich zu anderen Ländern hinterher.
Die Schweiz hinkt im Vergleich zu anderen Ländern hinterher. - Agrarbericht 2016/OECD

Saure Böden und gereizte Lungen

Eine andere Folge der hohen Ammoniak-Emissionen sind überdüngte und saure Böden. Bäume können so nicht richtig wurzeln und kippen schneller um. «In naturnahen und empfindlichen Ökosystemen wie Wäldern, Magerwiesen, Mooren und Heiden tragen übermässige Stickstoffeinträge zur Überdüngung und Versauerung bei», beschreibt der Agrarbericht 2016 das Problem. Damit werde die Biodiversität zerstört.

Die Ammoniak-Emissionen sind noch immer fast doppelt so hoch, wie vom Bund gewünscht.
Die Ammoniak-Emissionen sind noch immer fast doppelt so hoch, wie vom Bund gewünscht. - Nau

Für Franziska Herren, Kopf der Trinkwasser-Initiative, ist klar wo anzusetzen ist: «95% dieser Ammoniakemissionen stammen aus der Landwirtschaft – 90% davon aus der Tierhaltung.» Doch: «Weil die Gesetze von den Behörden nicht vollzogen werden und die Bauern für die Folgeschäden nicht aufkommen müssen, bleiben die Emissionen seit Jahren gleich hoch.»

Behörden setzen Gesundheit aufs Spiel

Franziska Herren ist aber überzeugt, dass Landwirtschaft auch umweltverträglich möglich ist: «Viele Landwirtinnen und Landwirte machen es schon seit Jahrzenten vor. Eine Tierhaltung, die sich auf die eigene Futterbasis und auf eine weitgehende Weidehaltung besinnt, hätte viele Probleme, in die sich die Landwirtschaft in den letzten Jahren hineinmanövriert hat, gar nie verursacht.»

Die Ammoniakemissionen der sind seit fast 20 Jahren gleich hoch. Verursacht werden sie vor allem durch Tierbestände.
Die Ammoniakemissionen der sind seit fast 20 Jahren gleich hoch. Verursacht werden sie vor allem durch Tierbestände. - Agrarbericht 2016/HAFL und BFS

Dies würde bedeuten menschliche Nahrung, statt Tierfutter zu produzieren. Die Passivität der Behörden stört Franziska Herren an meisten: «Sie setzten die Gesundheit von unseren Existenzgrundlagen – sauberes Trinkwasser, gesunde fruchtbare Böden, eine intakte Biodiversität und saubere Luft – aufs Spiel und somit die Gesundheit von uns allen.»

Markus Jenny erklärt die Doppelzüngigkeit der Behörden in der Schweizer Agrarpolitik.
Markus Jenny erklärt die Doppelzüngigkeit der Behörden in der Schweizer Agrarpolitik. - Bundesamt für Umwelt

Die Bevölkerung müsse besser informiert werden, wie die derzeitige Landwirtschaft der Gesundheit und der Umwelt schade. Herren ist sicher: «Wenn die Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten ehrlich und transparent über die Konsequenzen der heutigen Lebensmittelproduktion informiert worden wäre, wäre die Schweiz schon heute ein Bioland.»

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