Das Nachtleben ist im Umbruch und viele Akteure verschwinden. Einige Player wagen gerade deshalb den Markteintritt.
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Wie geht es mit dem Nachtleben in der Schweiz weiter? - Keystone

Ein Geschäftsmodell sehen Unternehmer zum Beispiel in der Digitalisierung des Nachtlebens. Drei Studenten aus Zürich haben im vergangenen Jahr dafür das Portal Weekendly gegründet, das als Partykalender fungiert.

«Unsere Vision ist es, mehr Leute in den Ausgang zu bringen», sagt Weekendly-Mitgründer Tane Frei. Die Besucherzahl der Website wächst monatlich um 20 Prozent und lag zuletzt bei 19'000, die meisten davon sind zwischen 23 und 30 Jahre alt. Bis Ende Jahr soll die Plattform alle grösseren Städte der Deutschschweiz abdecken.

Ein ähnliches Modell verfolgt «Unsere Beweggründe», eine Plattform für elektronische Musik. Zudem gibt es für Schweizer Städte die Websites «Ronorp.ch» und «Denkmal.org».

Auch andere Player wollen mit neuen Angeboten in die Bresche springen. So lancierte Sam Plecic Ende Juli mit seiner Software-Firma Live! Technologies die App Zurich Nightlife. Darauf finden sich kuratierte Veranstaltungstipps, eine wöchentliche Verlosung von 500 Franken «Party Cash» sowie eine Art Social-Media-Feed, wo Clubgäste Bilder und Videos teilen können.

Durch Sponsoring und Werbeeinnahmen profitabel werden

«Die User sollen sich und ihren Lifestyle zelebrieren können», sagt der 54-jährige Plecic, der sich seit Jahrzehnten mit dem Nachtleben beschäftigt. Ziel sei es, die Ausgehfreudigen mit neuen Event- und Kommunikationsformen stärker mit der Club- und Barszene zu vernetzen und dadurch neue Ausgangsformate zu entwickeln.

Profit bringt dies (noch) nicht. «In erster Linie geht es darum, der Nachtleben-Szene etwas Gutes zu tun», so der Unternehmer. Die kostenlose App finanziert Live! selbst, soll aber bald durch Sponsoring und Werbeeinnahmen profitabel werden.

Auch in Lausanne gibt es mit dem Projekt Hango Bestrebungen, eine Nightlife-Community-App aufzubauen. Für Alexander Bücheli, Sprecher der Schweizer Bar- und Clubkommission, ist klar: «Mit dem Wegfall des Kulturjournalismus fehlt in den Städten eine Plattform, die alle Angebote bündelt.»

Tamedia etwa hat kürzlich angekündigt, die Kulturbeilage «Züritipp» einzustellen. Und auch Online-Plattformen wie Izzo, Tillate.ch, Partyguide.ch oder Usgang.ch konnten sich nicht halten. Denn oft fehlt es in der Szene an funktionierenden Bezahlmodellen, unter anderem wegen der Konkurrenz durch Social Media.

Geschlechterverhältnis wird ausgeglichen

Gerade für auswärtige Gäste sei es aber schwierig, sich in den fragmentierten Social-Media-Apps einen Überblick über das lokale Nachtleben zu verschaffen, so Bücheli.

Von der Lust auf neue Formate im Nachtleben profitiert schliesslich auch das Start-up Noii, das in der Deutschschweiz unter anderem After-Work-Drinks für Singles in Bars organisiert. Zu diesen kommen jeweils zwischen 150 und 350 Personen, die meisten zwischen 25 und 35 Jahre alt. Sie zahlen durchschnittlich 30 Franken Eintritt, also mehr als für einen herkömmlichen Clubeintritt.

«Die Leute wollen sich wieder im echten Leben kennenlernen», sagt Laura Matter, Mitgründerin und CEO von Noii. Das stehe bei ihren Events stärker im Vordergrund als im regulären Ausgang, weil man wisse, dass alle Anwesenden single und offen für neue Bekanntschaften seien. Ausserdem wird das Geschlechterverhältnis von Noii durch den Ticketvorverkauf ausgeglichen.

Auch wenn viele Clubs in der Krise stecken – an Informationsangeboten für Ausgehfreudige mangelt es also nicht.

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