US-Schockvideo: Kleinkinder werden häufig Missbrauchs-Opfer
In den USA hat die Polizei den gewalttätigen Vater eines Mädchens mittels Video überführen können. In der Schweiz werden vor allem Kleinkinder Opfer von Gewalt.
Das Wichtigste in Kürze
- In den USA konnte ein Mädchen die Polizei nicht überzeugen, dass sie misshandelt wird.
- Erst nachdem sie Aufnahmen übergab, reagierte die Polizei.
- In der Schweiz muss die Polizei solche Vorwürfe sofort abklären.
- Kinder unter vier Jahren werden am häufigsten misshandelt.
Im US-Staat Florida hat ein Mädchen in ihrem Haus Kameras installiert, um aufzunehmen, wie sie von ihrem Vater misshandelt wird. Die Aufnahmen überreichte sie anschliessend der Polizei.
Die 14-Jährige hatte die Polizei schon zuvor darauf aufmerksam gemacht, dass sie mehrmals von ihrem Vater verprügelt worden sei. Doch diese unternahm mangels Beweisen nichts.
Solchen Vorwürfen muss die Polizei nachgehen
Dieses Szenario ist in der Schweiz undenkbar: «Gemäss Strafgesetzbuch gehören Delikte wie einfache Körperverletzung und wiederholte Tätlichkeiten innerhalb der Familie zu den Offizialdelikten. Das heisst, diese Delikte müssen von Amtes wegen verfolgt werden», erklärt Luzia Siegrist, vom Fachbereich Gewalt des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Mann und Frau (EBG).
In der Schweiz müsse die Polizei also abklären, ob der Vorwurf zutreffe und tatsächlich Dinge geschehen würden, die gegen das Strafrecht verstossen. «In so einem Fall kann davon ausgegangen werden, dass die Polizei eine Meldung an die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) machen würde.
Dafür müssten von einem mutmasslichen Opfer auch keine Beweise vorgelegt werden. Das mutmassliche Opfer müsse lediglich glaubhaft vermitteln, dass es Opfer geworden sei. Opfer häuslicher Gewalt könnten sich auch jederzeit bei der Opferhilfe melden. Dass solche Meldungen immer ernst genommen und überprüft würden, bestätigt auch die Kantonspolizei Bern auf Anfrage.
Kinder unter vier Jahren werden oft zu Opfern
In der Schweiz sind überwiegend Kinder unter vier Jahren von Misshandlungen betroffen, wie Zahlen der Schweizer Kinderschutzgruppen zeigen. Diese Gruppen schlagen Alarm, wenn bei Patienten in Kinderspitälern der Verdacht auf Misshandlung besteht. 2018 meldeten 20 Schweizer Kliniken insgesamt 1502 Fälle möglichen Missbrauchs an Kindern, wie eine Bilanz der Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie (SGP) zeigt.
Bei Kindern unter vier Jahren stammen die meisten Täter aus dem sozialen Umfeld des Opfers, wie Tamara Parham, Leiterin Kommunikation, von Kinderschutz Schweiz erklärt: «In über der Hälfte der Fälle sind die Täter sogar Familienangehörige des Opfers.» Kinder in diesem Alter wüssten noch nicht, was normal sei und was nicht. «Kinder unter vier Jahren lassen sich einfacher beeinflussen, sie sind noch keine gestärkten Persönlichkeiten.»
Gerade der sexuellen Gewalt seien mehr Kinder ausgesetzt als gemeinhin angenommen werde. «Sie entsteht häufig nicht aus situativen Umständen, geschweige denn aus Hilflosigkeit und Überforderung, sondern sie wird überwiegend bewusst und geplant eingesetzt. Meistens geht es dabei um die Ausübung von Macht und Dominanz», erläutert Parham.
Täter aus allen sozioökonomischen Schichten
Es gebe gewisse Risikofaktoren, welche ein solches Verhalten begünstigten – wie Gewalterfahrungen in der eigenen Kindheit, Gefährdung der ökonomischen Sicherheit oder auch Suchterkrankungen. «Wichtig zu wissen ist, dass es Täter aus allen sozioökonomischen Schichten gibt.»
Laut der Bilanz der SGP habe bei knapp 20 Prozent der 2018 gemeldeten Fälle ein Verdacht auf sexuellen Missbrauch bestanden. Wie können also gerade Kleinkinder besser geschützt werden? «Die beste Prävention ist eine frühzeitige und der jeweiligen Entwicklung angepasste Aufklärung», sagt Parham.