Verhilft Corona-Krise dem Umweltsünder Heizpilz zum Comeback?
Dank der Corona-Krise könnten die umstrittenen Heizpilze in Zürich ein Comeback geben. Die Branche und bürgerliche Kreise sehen im Umweltsünder eine Chance.
Das Wichtigste in Kürze
- Wegen der Corona-Krise leidet die Zürcher Gastronomie.
- Der Regierungsrat versucht, der Branche mit Sonderregelungen entgegen zu kommen.
- Dies könnte jetzt einen alten Bekannten zurückbringen: Den Heizpilz.
Es sind harte Zeiten für die Zürcher Gastronomie. Wegen der Pandemie bleiben die Gäste aus und Restaurants müssen erst noch ein Schutzkonzept umsetzen. Dieses bedeutet für die meisten Betriebe, dass weniger eng gestuhlt werden darf, was den Umsatz weiter schmälert.
Die Stadt versucht der Branche aber mit Corona-Sonderregelungen das Leben etwas zu erleichtern. Betreiber dürfen so beispielsweise den öffentlichen Grund gratis nutzen. Sprich, man darf auch Tische auf dem Trottoir vor der Beiz bedienen.
Der Winter kommt
Doch mit dem Ende des Sommers fällt auch diese Kapazitätserweiterung weg. Der Zürcher Winter ist draussen für die Gäste zu kalt. Es sei denn, es wird geheizt.
Darum ist jetzt der Freisinnige Marc Bourgeois aktiv geworden. Er hat mit Jürg Sulser (SVP), dem Chef der kantonsrätlichen Gewerbegruppe, und 60 anderen bürgerlichen Mitgliedern des Rates am Montag ein dringliches Postulat eingereicht, wie der «Tagesanzeiger» schreibt. Darin fordert er weitere Erleichterungen für die Gastronomie. Und zwar in Form von einem alten Bekannten: Dem Heizpilz.
Ausserdem sollen Beizer im Schnellverfahren Zelte und Barracken bewilligt bekommen können. Auch eine Verlängerung der Öffnungszeiten wird gefordert. «Gigantisch» wäre das, wird Gastronom Péclard, der in Zürich über ein Dutzend Betriebe führt, zitiert.
Nicht kategorisch ausgeschlossen
Bourgeois stellt klare Forderungen an die Stadt: «Ich erwarte, dass der Regierungsrat nicht nur beim Verhängen von Einschränkungen unbürokratisch handelt.» Bisher sei die Regierung dem Gewerbe aber auch «sehr kooperativ» gewesen.
Unterstützung erhält der Vorstoss auch aus unerwarteter Ecke. SP-Fraktionschef Markus Späth zeigt sich kompromissbereit: «Kann sein, dass wir unsere generelle Ablehnung gegenüber Heizpilzen befristet aufweichen.» Sie müssten aber mit erneuerbarer Energie betrieben werden.
Dieser Haltung schliessen sich GLP und EVP an. Energiepolitiker und Gewerbler Daniel Sommer (EVP) zeigt Verständnis: «Die Gastrobranche befindet sich in einer sehr schwierigen Lage.» Gerade die EVP ist für die Abstimmung wichtig, denn mit ihren Stimmen könnte Bourgeois eine Mehrheit im Rat zusammenbekommen.
Grüne: Heizpilze «Blödsinn» und «von vorgestern»
Und die Grünen? Thomas Forrer, Chef der Kantonsratsfraktion, bleibt hart. Heizpilze seien von vorgestern und energietechnisch ein «Blödsinn». Er zeigt sich enttäuscht ab der FDP: «Ich habe gemeint, die Freisinnigen seien grüner geworden.»
Es gebe sicher noch Potenzial, mehr aus den Innenräumen herauszuholen, ist Forrer überzeugt – etwa durch gute Online-Reservationssysteme.
Etwas mehr Verständnis hat Martin Neukom. Der Grüne Regierungsrat ist für die Zürcher Energiegesetzgebung verantwortlich und verspricht, einen Heizpilz-Vorstoss ernsthaft zu prüfen, sollte er eingereicht werden. Man wolle in dieser Ausnahmesituation flexibel bleiben, gibt er zu Protokoll, warnt aber gleichzeitig: «Die Aussenheizungen werden meist mit Gas betrieben, das ist rechtlich nicht zulässig.»
Am kommenden Montag lädt die Stadt zu einem runden Tisch. Dort soll entschieden werden, wie die Stadt Zürich am besten durch den ersten Corona-Winter kommt. Neben dem Heizpilz-Postulat sollen Gewerbe, Gastronomie und Hotellerie auch ihre eigenen Forderungen anbringen dürfen.