Verlieren Ausweis: Lernfahrer rasen öfter – wegen Tipps ihrer Eltern
In Luzern steigt die Zahl entzogener Lernfahrausweise stark an. Experten sehen die Ursache in einer Regeländerung und riskantem Fahrverhalten.

Das Wichtigste in Kürze
- In Luzern verlieren immer mehr Lernfahrer wegen zu schnellen Fahrens den Lernfahrausweis.
- Auch schweizweit nahm die Zahl der entzogenen Lernfahrausweise um 19,2 Prozent zu.
- Viele Eltern geben ihren Kindern falsche Fahrgewohnheiten mit, besonders beim Tempo.
Immer mehr Luzerner Lernfahrer sind wegen Geschwindigkeitsübertretungen ihren Lernfahrausweis los.
2024 stieg die Zahl der Entzüge deutlich an, wie Larissa Probst vom Justiz- und Sicherheitsdepartement gegenüber «Zentralplus» bestätigt. Insgesamt wurden 225 Ausweise entzogen – ein Plus von rund 30 Prozent gegenüber 2023.
Die Statistik zeigt, dass immer mehr Fahranfänger ihren Fahrausweis riskieren, noch bevor sie die Prüfung bestehen.
Auch gesamtschweizerisch ist dieser Trend sichtbar. Nach zwei Jahren des Rückgangs lag die Zahl an entzogenen Lernfahrausweisen im Jahr 2024 bei 4756.
Das sind 19,2 Prozent mehr als im Vorjahr, wie das Bundesamt für Strassen (Astra) kürzlich mitteilte.
Hauptgründe für Entzüge sind neben Geschwindigkeitsübertretungen auch Fahren ohne Ausweis, Alkohol am Steuer und Unfälle durch mangelnde Fahrzeugbeherrschung.
Die Eltern tragen eine Mitschuld
Besonders auffällig ist der Anstieg in Luzern. Fahrlehrer Patrick Ineichen sieht die Ursache in einer Regeländerung von 2021: Lernfahrer unter 20 Jahren müssen seither mindestens ein Jahr mit dem «Löli» unterwegs sein, bevor sie die Prüfung ablegen dürfen.
Dadurch sammeln sie früh Erfahrungen mit ihren Eltern, oft bevor sie Fahrstunden nehmen. Laut Ineichen entwickeln viele dabei falsche Gewohnheiten.
Fahrlehrer Thomas Aeschimann beobachtet seit Jahren, dass Eltern ihre Kinder oft zum schnellen Fahren ermutigen. Sie würden glauben, dass ein paar Kilometer pro Stunde über dem Limit in Ordnung seien.
Dadurch gerate die Verkehrssicherheit in den Hintergrund. Die Prinzipien der Anpassung des Tempos und des Anhaltens auf Sichtweite gingen so verloren.
Aeschimann bemerkt zudem eine generelle Veränderung im Fahrverhalten: Die Sensibilisierung für Geschwindigkeit nehme ab, und der Verkehr sei hektischer geworden. Junge Fahrer, darunter zunehmend auch Frauen, würden häufig zu dicht auffahren.
Beide Fahrlehrer sind sich einig, dass durch das Probejahr der Einfluss der Fahrlehrer sinkt. Ineichen fasst zusammen: «Die Begleitpersonen und die Lernfahrer sind überfordert.»
Doppelt so viele Unfälle bei jugendlichen Töff-Fahrern
Einen Zusammenhang zwischen den neuen Führerausweisvorschriften und der Entwicklung der letzten Jahre sieht auch Michael Gehrken. Er ist Präsident des Schweizer Fahrlehrerverbandes L-Drive.
«Hierzu zählt nicht nur die Zahl der Führerausweisentzüge, sondern vor allem auch die negative Entwicklung der Unfallzahlen», sagt Gehrken.
So hat sich die Zahl der verunfallten Jugendlichen in der Töff-Kategorie A1 seit der Mindestaltersenkung auf 16 Jahre verdoppelt. Dies teilte das Astra am Donnerstag mit.

Die Analyse zeigt: Junge Töff-Fahrende verunfallen häufig durch nicht angepasste Geschwindigkeit (31 Prozent) sowie Unaufmerksamkeit und Ablenkung (30 Prozent).
«Das ‹Anfängerrisiko› sowie jugendlicher Übermut spielen hierbei eine zentrale Rolle», sagt Gehrken. Besonders kritisch sei demnach, dass viele Unfälle innerhalb der ersten fünf Monate nach Erhalt des Lernfahrausweises passierten.
All das zeigt laut dem Fahrlehrer-Präsidenten: Die seit 2018 sukzessive umgesetzen Führerausweisvorschriften waren nicht zielführend.
Umso mehr begrüsse es L-drive, dass das Astra nun Massnahmen zur Senkung der Unfallzahlen prüfen will.