Viele junge Männer schlecht aufgeklärt – das sind die Gründe

Noemi Schrag
Noemi Schrag

Bern,

Viele junge Männer kennen ihre Kondomgrösse nicht und fühlen sich schlecht aufgeklärt. Die Dachorganisation erklärt, warum Eltern und Schulen gefordert sind.

Kondom
Miese Kondomaufklärung: 66 Prozent der Männer zwischen 18 und 25 Jahren kennen ihre Kondomgrösse nicht. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Zahlreiche Männer kennen ihre Kondomgrösse nicht.
  • Eine Umfrage aus Luzern zeigt, dass sich viele junge Männer schlecht aufgeklärt fühlen.
  • Sexuelle Gesundheit erklärt, dass die Lücke in der Aufklärung bereits zu Hause beginnt.
  • Auch in Schulen ist die Sexualaufklärung ungenügend und oft zu oberflächlich.

Das Ergebnis einer Umfrage von Studenten der Hochschule Luzern ist schockierend. Von 50 Männern im Alter von 18 bis 25 Jahren haben 66 Prozent ihren Penisumfang nie gemessen. Demnach verwenden viele eine falsche Kondomgrösse. Zudem kam heraus, dass sich viele Befragte mehr Informationen zur Aufklärung wünschen, beispielsweise durch sexualpädagogischen Unterricht.

«Sexualaufklärung in Schulen ist oft ungenügend»

Denn Sexualaufklärung ist in den Schweizer Schulen nicht standardisiert, so erfolgt sie oftmals nicht nach einem ganzheitlichen Ansatz. Die wenigen Stunden, welche diesem Thema gewidmet werden, sind zumal oft ungenügend.

So beobachtet es Céline Berset von der Dachorganisation «Sexuelle Gesundheit Schweiz». Tätig ist die Dachorganisation der Beratungsstellen, Fachorganisationen und Fachpersonen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der Sexualaufklärung in der Schweiz.

gebärmutterhalskrebs
Ein Schüler im Sexualkundeunterricht. (Symbolbild) - Keystone

Denn oft werden nur Themen wie die menschliche Fortpflanzung oder die wichtigsten Präventionsbotschaften von Safer Sex erklärt.

Sexuelle Gesundheit engagiert sich national wie auch international für die Promotion der sexuellen Gesundheit und die Einhaltung von sexuellen Rechten. Berset ist die Kommunikations-Verantwortliche der Dachorganisation für sexuelle Gesundheit in der Schweiz und der Partnerin des Bundesamts für Gesundheit. Sie erklärt, wo die Lücken in der Sexualerziehung liegen.

Berset: «Ergebnis ist nicht überraschend»

Jugendliche haben neben den üblichen Themen oft auch spezifischere Fragen. Beispielsweise Themen wie Beziehungen und Sexualität, diese werden im Aufklärungsunterricht in der Regel nicht behandelt. Deshalb überrascht das Ergebnis, dass sich viele zu schlecht aufgeklärt fühlen, Berset nicht.

Weiter meint sie: «Diese Art von Inhalten sollte auch in der nachobligatorischen Bildung, also nach der obligatorischen Schulzeit, etwa in der Berufsbildung, systematisch behandelt werden. Denn da wird Sexualaufklärung eher selten gemacht.» So sei Sexualaufklärung auch nach der Schulzeit wichtig.

Haben Sie das Gefühl, Sie wurden zu schlecht aufgeklärt?

Familien müssen mehr über Sexualität aufklären

Berset nimmt die Eltern in die Pflicht: «Eltern ist es im Allgemeinen unangenehm, mit ihren Kindern und Jugendlichen über Sexualität zu sprechen. Sexualerziehung – der Anteil, welcher von Eltern im Rahmen der Erziehung geleistet werden soll – findet deshalb oftmals nicht statt.»

Jugendliche, die sich beispielsweise oft Pornos anschauen, würden keine Ratschläge über Kondome und Kondomgebrauch erhalten. «Denn in Mainstreampornos tragen die Schauspieler in der Regel keine Kondome. Als Folge davon besteht ein Informationsdefizit beziehungsweise Lücken, obwohl wir versuchen, die breite Bevölkerung über unser Netzwerk zu Kondomgebrauch zu informieren.»

Sexualerziehung gehört zur Allgemeinerziehung

Individualitätsentwicklung, Vorbildfunktionen, Doktorspiele und auch digitale Medien beeinflussen den Aufklärungsprozess. Neben der Sexualaufklärung gehört auch die Pubertät, die Schwangerschaft oder sexuelle Gewalt zu Themen welche unbedingt besprochen werden müssen. Ebenso die sexuelle Orientierung, welche erklärt, wen wir lieben wie auch die Geschlechtsidentität – wer wir sind.

Sexuelle Gesundheit
SEXUELLE GESUNDHEIT SCHWEIZ fördert die sexuelle Gesundheit und die Einhaltung der sexuellen Rechte. - sexuelle-gesundheit.ch

Wie Céline Berset von Sexuelle Gesundheit gegenüber Nau.ch erklärt, obliegt die Sexualerziehung im Prinzip zuerst der Familie.

Wie Studien zeigen ist die Sexualerziehung in der Familie eigentlich immer geschlechtsspezifisch. Es seien auch heute noch hauptsächlich Mütter welche ihren Töchtern Sexualerziehung anbieten. Dafür gäbe es mehrere Gründe, so seien Frauen in der Rolle der Erziehung überrepräsentiert. Auch ein wichtiger Punkt sei, dass die erste Periode eines Mädchens oftmals ein guter Auslöser für ein Gespräch zu diesem Thema bietet.

Ganzheitliche Aufklärung, um gut informiert zu sein

Das wichtigste auf dem Weg der Sexualerziehung ist laut Sexuelle Gesundheit Schweiz, dass die Aufklärung ganzheitlich erfolgt. Da viele Eltern damit überfordert sind, braucht es hierzu Unterstützung – welche vielen Organisationen bereits leisten. Und neben der Rolle der Eltern und der Schule ist für junge Erwachsenen auch wichtig, dass sie wissen, dass sie sich immer professionelle Unterstützung holen können.

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