Wasserstoffmobilität hat noch nicht Fahrt aufgenommen
Hohe Kosten und geringe Nachfrage bremsen den Ausbau von Wasserstofftankstellen in der Schweiz. Doch das soll sich ändern.
Noch ist das Netz an Wasserstofftankstellen in der Schweiz überschaubar. Hohe Kosten für nachhaltig produzierten Wasserstoff dämpfen die Kundennachfrage und halten Tankstellenbetreiber vom Ausbau ab. Das soll sich ändern.
Das Wasserstoffauto ist hierzulande eine Rarität. In den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres wurden in der Schweiz gerade einmal acht Fahrzeuge mit diesem Antrieb neu zugelassen. Selbst exklusive Sportwagenhersteller bringen mehr Fahrzeuge an die Frau oder den Mann.
Zahlreiche Branchekenner glauben nicht, dass Wasserstoff im Auto eine Zukunft hat. Zu ihnen zählt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. «Im Pkw ist die Brennstoffzelle zu teuer.»
Bei den Nutzfahrzeugen sieht er hingegen Zukunft. «Beim Lkw wird der Wasserstoffantrieb kommen.» Denn Batterien seien für lange Strecken schlicht zu schwer.
Tankstellennetz kann kaum kostendeckend betrieben werden
Doch auch bei den Lastwagen spielt Wasserstoff noch immer eine untergeordnete Rolle. Die meisten «Brummis» sind nach wie vor mit Diesel unterwegs. Insgesamt waren Stand Ende letztes Jahr nur 56 Wasserstoff-Lkw in der Schweiz zugelassen laut dem Bundesamt für Statistik (BFS).
Und doch wird die Infrastruktur ausgebaut, wenn auch gemächlich. Im Juli wird die 18. öffentliche Wasserstofftankstelle eröffnet. Die meisten dieser Tankstellen sind entlang der Autobahn A1 zu finden. Wegen höheren Umsatzpotenzials seien die Tankstellen in erster Linie an den Bedarf der Logistikunternehmer angepasst worden, sagt Bernhard Wüest, Geschäftsführer des Fördervereins H2 Mobilität Schweiz.
Das Tankstellennetz könne derzeit kaum kostendeckend betrieben werden, ergänzt Wüest. Darum würden aktuell zahlreiche Tankstellenprojekte trotz Baubewilligung nicht umgesetzt. «Hauptgründe dafür dürften die Verzögerung beim Bau der Wasserstoffproduktionsanlagen und der hohe Strompreis sein.»
Nachfrage eher bescheiden
Grüner Wasserstoff, hergestellt mit erneuerbarem Strom, kostet aktuell 20 Franken pro Kilogramm. 100 Kilometer mit einem durchschnittlichen Wasserstoff-Lkw kosten damit rund 160 Franken. «Bei einem Diesel-Lkw liegen die Treibstoffkosten damit bei der Hälfte eines Wasserstofflastwagens», erklärt Marc Ziegler, CEO vom Nutzfahrzeugeimporteur Auto AG.
Als die Luzerner Auto AG vor vier Jahren erste Wasserstoffnutzfahrzeuge ins Angebot nahm, kostete ein Kilo grüner Wasserstoff rund zwölf Franken. «Mit diesem Preis wären wir konkurrenzfähig, sofern die Befreiung der Schwerverkehrsabgabe für emissionsfreie Fahrzeuge bestehen bleibt», so Ziegler. Doch dann hat die Energiekrise den Strompreis in die Höhe katapultiert.
Kunden mit Wasserstoff-Lkw seien zufrieden, die Technik habe sich bewährt, ist Ziegler überzeugt. Aktuell merkten auch sie aber, dass die Gesamtkosten nicht konkurrenzfähig seien. «Daher ist die Nachfrage aktuell eher bescheiden.»
Grüner Wasserstoff soll langfristig günstiger werden
Wichtiger Schweizer Wasserstoffproduzent ist die Firma Hydrospider. Das Joint Venture mit den Mehrheitseignern Alpiq und H2 Energy hat Anfang Juni die ersten 1000 Tonnen grünen Wasserstoff ausgeliefert. «Untersuchungen gehen davon aus, dass grüner Wasserstoff langfristig wesentlich günstiger werden und somit auch in deutlich grösseren Mengen zum Einsatz kommen dürfte», sagt Alpiq-Sprecherin Valérie Gerl.
Ein Grund dafür sind steigende Produktionskapazitäten. So hat der Energiekonzern Axpo hat Ende April zusammen mit Rhiienergie in Domat/Ems die bisher grösste Wasserstoffproduktionsanlage der Schweiz in Betrieb genommen. Diese soll jährlich bis zu 350 Tonnen grünen Wasserstoff herstellen, was rund 1,5 Millionen Litern Diesel entspricht.
«Es gibt entlang der Wasserstoff-Wertschöpfungskette Technologie- und Skalierungspotenziale, die sich positiv auf den Preis auswirken sollten», sagt Luka Cuderman, Business Stratege im H2-Team von Axpo. Kurzfristig bestehe jedoch eine Knappheit bei der Anlagentechnik. Beispielsweise bei den Elektrolyseuren, in denen mithilfe von Wasser und Strom Wasserstoff hergestellt wird.
Branche setzt Hoffnungen auf die Politik
Die Branche hofft darum auch auf die Politik. Doch derzeit sind die Signale widersprüchlich. Einerseits wurden mit dem Stromgesetz Wasserstoffproduktionsanlagen vom Netzentgelt befreit.
Andererseits soll 2030 die Befreiung der Schwerverkehrsabgabe für Wasserstoff und Elektro-Lkw fallen. «Damit der Bund die in den Energieperspektiven 2050+ gesteckten Ziele erreichen kann, sind regulatorische Anpassungen und finanzielle Hilfe wohl unumgänglich», erklärt Wüest von H2 Mobilität Schweiz. Er hofft nun, dass der Bund Ende Jahr mit seiner Wasserstoffstrategie einen passenden Rahmen festlegt.