Wegen Coronavirus: Alkoholkonsum in der Schweiz steigt an
Das Coronavirus zwingt die Leute dazu, das Feierabendbier in den eigenen vier Wänden zu trinken. Kommt es wegen der Isolation zu mehr Alkoholproblemen?
Das Wichtigste in Kürze
- Durch den Teil-Lockdown in der Schweiz steigt der Alkoholkonsum.
- Besonders psychisch vorerkrankte Personen gehören zur Risikogruppe, warnen Fachexperten.
- Langeweile spielt eine grosse Rolle.
Seit das Coronavirus die Schweiz in einen Teil-Lockdown gebracht hat, wird das Feierabendbier meist in den eigenen vier Wänden geöffnet. Man hat auch viel mehr Zeit, um sich bei einem alkoholischen Getränk zu entspannen.
Ob das Coronavirus nun wirklich vermehrt zu einem erhöhten Alkoholkonsum in der Gesellschaft führen wird, erklärt ein Experte gegenüber Nau.ch. Denn man rechne de facto mit einem Anstieg an alkoholkranken Personen.
Coronavirus führt zu mehr Risikokonsumenten
Stephan Streit, Suchtexperte beim Blauen Kreuz, bestätigt diesen Verdacht. «Die Vermutung, dass Personen, welche generell schon einen Risikokonsum von Alkohol aufweisen, noch mehr zu sich nehmen, ist naheliegend.»
Ein Risikokonsument, so erklärt Streit, sei nicht automatisch eine alkoholerkrankte oder abhängige Person. Unter Risikokonsumenten versteht man Personen, die eine gefährliche Menge Alkohol konsumieren, aber nicht abhängig sind.
«Ungefähr zehn Prozent der Schweizer Bevölkerung gelten als Risikokonsumenten, das sind 800'000 Personen. Wirklich alkoholkrank sind rund 250'000 Personen in der Schweiz», erklärt Streit.
Nur alle zwei Tage ein Bier
Auch Markus Meury von «Sucht Schweiz» vermutet einen Anstieg von suchtkranken Menschen in der Schweiz aufgrund des Coronavirus. «Wenn das Szenario Wirtschaftskrise eintrifft könnte dies auch zu einer Erhöhung der Quote an suchtkranken Menschen beitragen.»
Nebst Stress und Haltlosigkeit kann auch die fehlende soziale Kontrolle zu einem verfrühten Griff zur Flasche führen, so Meury. Man solle aber weiterhin die Standardregeln des Alkoholkonsums beachten.
Dies bedeute: Pro Tag höchstens zwei Standardgläser Alkohol für Männer, jedoch nur ein solches Glas für Frauen. Meury erklärt den Unterschied: «Die Menge ist für Frauen tiefer, weil das Durchschnittsgewicht und der Wassergehalt, in dem sich der Alkohol auflöst, tiefer sind.»
Ein Standardglas entspreche einem Bier von der Grösse drei Deziliter, einem Glas Wein oder 0,2 Deziliter Spirituosen, präzisiert Meury. «Dabei sollte jeweils zwei aufeinanderfolgende Tage pro Woche kein Alkohol getrunken werden. Dies, um die Gewöhnung zu brechen und um der Leber Zeit für die Erholung zu geben.»
Psychisch kranke Personen sind stärker betroffen
Es tauchen gemäss Streit vom Blauen Kreuz aber auch noch mehr Probleme während der Isolation auf. «Auch soziale Problematiken, wie das dauernde Aufeinandersitzen kann zu vermehrtem Konsum von Alkohol oder Cannabis führen.»
Während des Lockdowns seien insbesondere Personen mit einer psychischen Vorerkrankung Risikokonsumenten. Hierzu gehören unter anderem Depressionen und Angststörungen, die zu einem erhöhten Rauschmittelkonsum führen könnten.
«Die negativen Gefühle, welche eine solche Person empfindet, können in der Isolation auch schneller eskalieren». Daher greifen viele Leute in solchen Zeiten zur Flasche, um sich so einen Ausweg zu schaffen.