Wegen Coronavirus: Experten warnen vor «Krebs-Epidemie»
Aufgrund des Coronavirus soll es laut Novartis und Roche zu einer «Krebs-Epidemie» kommen. Die Krebsliga relativiert die Aussagen der Medikamentenhersteller.
Das Wichtigste in Kürze
- Pharmahersteller warnen vor einer «Krebs-Epidemie».
- Zu wenig Leute liessen sich aufgrund des Coronavirus präventiv behandeln.
- Die Krebsliga relativiert die Aussagen und appelliert an die Spitäler.
Das Coronavirus sorgt weltweit für Turbulenzen. So beispielsweise auch in den Spitälern. Seit Beginn der Pandemie scheint sich dort alles nur noch um das Virus zu drehen. Die Testzentren und Intensivstationen könnten bald die Obergrenze ihrer Kapazität erreichen.
Diese Überlegung scheint Vas Narasimhan, Geschäftsführer von Novartis, an einer Telefonkonferenz zu bestätigen. Wie der «Tages-Anzeiger» berichtet, meinte er, dass es «einen dramatischen Rückgang an Diagnosen von nicht übertragbaren Krankheiten» gebe. Das dürfe so nicht weitergehen, man dürfe eine solche zweite Epidemie nicht zulassen.
Auch Severin Schwan, Konzernchef von Roche, erklärt der Nachrichtenagentur «AWP»: «Das wird über die Zeit zu massiven medizinischen Konsequenzen führen.» Denn besonders bei Krebspatienten seien Konsultationen stark zurückgegangen.
Krebsliga sieht wegen Coronavirus Rückgang in präventiven Behandlungen
Stefanie de Borba, Mediensprecherin bei der Schweizerischen Krebsliga, kann die Aussage der zwei grössten Krebstherapie-Hersteller so nur bedingt bestätigen.
«Epidemie ist in diesem Zusammenhang kein passender Begriff.» Aber: «Es ist eine Tatsache, dass aufgrund des Coronavirus gewisse nicht dringliche medizinische Behandlungen und Untersuchungen kurzzeitig aufgeschoben wurden.»
Dringliche ontologische Behandlungen mussten in der Schweiz auch während des Lockdowns nicht aufgeschoben werden, erläutert de Borba. «In der Früherkennung zeigen punktuelle Umfragen bei Schweizer Spitälern, dass Untersuchungen wie Darmspiegelungen oder Brustscreenings während des Lockdowns weniger oft in Anspruch genommen wurden.»
Ein ähnliches Bild zeichnet die Hirslanden Klinik gegenüber dem «Tages-Anzeiger». So sagte ein Sprecher: «Während der Zeit des Lockdowns im Frühjahr hatten wir auf den Notfallstationen unserer Kliniken tatsächlich weniger Konsultationen. Auch im Bereich potenziell lebensbedrohlicher Krankheitsbilder wie Schlaganfall oder Herzinfarkt.»
Spitäler müssen klare Signale senden
Auch wenn präventive Untersuchungen durchgeführt werden konnten, so ist die Sorge der Krebsliga noch nicht ganz gebannt. Denn: «Krebsbetroffene benötigen von Ärzten und Spitälern klare Signale, dass es trotz der aktuellen Situation möglich und sicher ist, sich in der Praxis oder im Spital behandeln zu lassen.»
De Borba meint klar: «Krebserkrankungen, die eine Behandlung erfordern – seien das chirurgische Eingriffe, radioonkologische oder medikamentöse Behandlungen – dürfen aufgrund des Coronavirus nicht aufgeschoben werden.»
Nur so könne man verhindern, dass ein Krebs zu spät diagnostiziert wird. «Grundsätzlich gilt: Je später ein Krebs diagnostiziert wird, desto später wird er behandelt und desto schwieriger ist er therapierbar.»