Wegen Knappheit: Impfen schmerzt jetzt «wie ein Bienenstich»

Andrea Schüpbach
Andrea Schüpbach

Bern,

Mehrere Impfstoffe in der Schweiz sind knapp. In Spitälern wird mit anderen Piks-Methoden Mittel gespart. Patienten müssen sich darum auf Schmerzen einstellen.

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In Schweizer Spitälern wird derzeit eine Impfmittel-sparende Impfvariante angewandt. Bei dieser wird unter die oberste Hautschicht, nicht in den Muskel gepikst. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Weil der Tollwut-Impfstoff aktuell knapp ist, wird unter die oberste Hautschicht geimpft.
  • So kann eine Impfdosis für drei Patienten aufgeteilt werden.
  • Durch die Impf-Methode entsteht eine «Quaddel» – wie bei einem Bienenstich.

In einem Monat geht es los für Alex N.* Der Berner rüstet sich für seine grosse Asien-Reise. Bevor er in den Flieger steigt, heisst es aber noch einmal auf die Zähne beissen.

Für seinen Trip in den Fernen Osten muss sich Alex nämlich unter anderem auch gegen Tollwut impfen lassen. Und dieses Mittel ist in Schweizer Spitälern derzeit knapp. Genauso wie zahlreiche andere – vor allem Kombi-Impfstoffe – auch.

«Als ich meinen Impf-Termin im Berner Inselspital wahrnahm, teilte man mir mit, dass ich mich auf Schmerzen einstellen soll. Wie bitte?», sagt er zu Nau.ch.

Haben Sie Angst vor Spritzen?

Bevor gepikst wird, muss Alex ein Dokument unterschreiben, eine Einverständniserklärung. «Die Ärzte teilten mir mit, dass derzeit Impfmittel gespart werden. Und eine andere Methode angewandt wird.» Doch: Diese ist in der Schweiz eigentlich nicht zugelassen, darum braucht es die Unterschrift des Patienten.

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Wer sich gegen Tollwut impfen lassen will, der muss zuerst eine Einverständniserklärung für die unkonventionelle Impfmethode unterschreiben. - zVg

Der Vorteil: Mit der sogenannten «intradermalen Impfung» kann eine Impfdosis auf drei Patienten aufgeteilt werden. Der Nachteil: «Als ich das Mittel verabreicht bekam, brannte es fürchterlich», sagt Alex.

Impfung wird nicht in Muskel, sondern unter die Haut gespritzt

Ist etwas schiefgelaufen? Im Gegenteil, wie Cornelia Staehelin vom Inselspital gegenüber Nau.ch erklärt. Sie ist Fachärztin Tropen- und Reisemedizin sowie Infektiologie.

Dass es brennt, müsse sogar so sein. «Direkt unter der obersten Hautschicht befinden sich sehr viele Abwehrzellen. Diese reagieren sehr rasch und effizient gegen Mikroben. Aber auch gegen Impfantigene», so Staehelin.

Für die ausführenden Ärzte ist die Impfvariante ein Zusatzaufwand. Denn die Technik muss erlernt sein. «Es sind am Schluss zwei Stiche flach unter die Haut, mit langsamerer Injektion, statt nur eine Injektion in den Muskel.»

Genauer: «Man sticht sehr flach in die Haut ein, sodass man die Nadelspitze gerade noch durchschimmern sieht. Zu oberflächlich ‹aufgefädelt› sticht man wieder heraus. Und zu tief gestochen landet die Impfung im Unterhautfettgewebe.»

Piks verursacht eine Quaddel – wie bei einem Bienenstich

Dort gebe es wiederum sehr wenige Immunzellen. Die Impfantwort wird dadurch deutlich schlechter. Doch warum brennt die Impfung so stark?

«Bei der Injektion entsteht eine Quaddel», erklärt Staehelin weiter. Eine rote, juckende Schwellung – «wie nach einem Bienenstich. Dieser Moment kann brennen. Wenn diese Quaddel nicht entsteht, muss man die Injektion wiederholen – dann war sie womöglich zu tief».

Alex* kann also beruhigt sein. Das BAG bestätigt, dass die Impfung zwar nicht zugelassen sei, sie aber mit Einwilligung durchgeführt werden kann. Wie eben bei Alex. Ein Ende der brennenden Impfvariante ist hingegen noch nicht in Sicht.

Impfung bleibt knapp – Spitäler schlagen Reisenden vor, Impfung zu verschieben

Vor Ort wird Patienten mitgeteilt, dass es im März Besserung geben könnte. Staehelin will hingegen nichts versprechen.

Man hoffe zwar auf eine «limitierte Tranche» Ende Februar oder März, aber: «Wir wissen selber auch noch nicht, wann die Versorgung wieder komplett normalisiert sein wird. Die Impfstoffknappheit scheint ein länger dauerndes Problem zu werden.»

Das zuständige Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung bestätigt die Annahme. Bis auf Weiteres bleibe der Impfstoff knapp. Und zwar nicht nur in der Schweiz, sondern international. «Die Pflichtlager für Impfstoffe sind seit Juli 2023 freigegeben, das gilt auch für den Tollwut-Impfstoff.»

Bis Februar 2026 werden Tollwut-Impfstoffe aus den Pflichtlagern daher nur noch für lebenswichtige Behandlungen abgegeben. Im Fokus stünden dabei beruflich exponierte Personen und Menschen, die von einem Tier gebissen wurden, teilte das BWL weiter mit. Für die Reisemedizin wird in dieser Zeit kein Tollwut-Impfstoff aus den Pflichtlagern zur Verfügung stehen. In einer normalen Versorgungslage entfalle ein grösserer Teil der Tollwut-Impfstoffe auf die Reisemedizin, hiess es weiter.

Weitere Massnahmen seien in Arbeit. Bis diese umgesetzt sind, gibt es für die Spitäler mehr Aufwand. Nicht nur bei der Anwendung. Auch bei der Planung.

«Wir versuchen, keinen Impfstoff zu verwerfen, entsprechend bitten wir manchmal Reisende, am Folgetag morgens zu kommen», so Staehelin.

Dass sich Reisende wegen den Schmerzen nicht impfen lassen wollen, das erlebe man nicht. Aber: «Wir schlagen von uns aus eine Verschiebung auf später vor, wenn die Reise nicht gerade bevorsteht.»

*Name der Redaktion bekannt

Kommentare

User #5078 (nicht angemeldet)

Das es knapp wird mit diesen Recourcen ist nichts neues, die Frage hingegen warum, wird nie beantwortet, wir wissen das seit Jahren, tun aber nichts dagegen sondern Jammern nur. Selbst ist der Mann/Frau/das Mensch. Wieso stellen wir diese Medikamente und Impfstoffe nicht selbst her? An Know how wirds wohl nicht mangeln und Labore von Novartis bis Geigy und Konsorte hat es genug. Otto Normalverbraucher versteht das nicht.

User #3290 (nicht angemeldet)

Soweit ich mich erinnere ist die Tollwutimpfung sowieso schmerzhafter als andere.

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