Weil sie Rektor ausbuhten: Berner Studis kritisieren Uni-Besetzer
Die Pro-Palästina-Demonstrationen an Schweizer Unis sorgen weiterhin für Wirbel. In Bern wurde der Rektor ausgebuht – das gefällt anderen Studierenden nicht.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Polizei hat die Besetzung der Universität Bern am Mittwoch auflösen können.
- Die Studierendenschaft kritisiert die Demonstranten – wegen Buhrufen gegen den Rektor.
- Laut diesem gefährden die Proteste sogar das gesamte akademische System der Schweiz.
An vielen Schweizer Universitäten kam es in den vergangenen Tagen zu pro-palästinensischen Protesten. Die Demos verursachten viel Wirbel. Unter anderem fielen antisemitische Parolen – teilweise musste die Polizei eingreifen und räumen.
In Bern wurde die Besetzung am frühen Mittwochmorgen aufgelöst. Die Räumung sei friedlich verlaufen, hiess es. Zuvor hatten die Demonstranten ein Ultimatum verstreichen lassen.
Mit der Räumung durch die Polizei war die Sache aber noch nicht erledigt: Am Mittwochabend riefen Studierende zu einer Pro-Palästina-Demonstration in der Stadt Bern auf. Dabei zog die Gruppe unter anderem zur jüdischen Synagoge. Dabei wurden laut «Berner Zeitung» antisemitische Parolen wie «From the River to the Sea» skandiert.
Studierende: Demonstranten ohne «das nötige Feingefühl»
Die Teilnehmenden am Uni-Protest in Bern ernten auch Kritik vonseiten der Studierendenschaft SUB. Streitpunkt ist insbesondere das Verhalten gegenüber dem Rektor der Universität, Christian Leumann.
Wie die Studierendenschaft in einer Stellungnahme vom Mittwoch schreibt, habe man sich für einen Dialog eingesetzt. Leumann habe schliesslich am Montagnachmittag mit den Besetzern den Kontakt gesucht.
Das Problem: Die Demonstranten zeigten laut der SUB nicht «das nötige Feingefühl». Sie hätten die Worte des Rektors mit Parolen übertönt und ihn mehrfach ausgebuht. Für die Studierendenschaft ist klar: «Dieses Verhalten der Besetzenden war unverständlich und der Situation alles andere als förderlich.»
Im Hintergrund habe man versucht, einen Dialog zu ermöglichen. Dieses Vorhaben sei aber gescheitert, so die SUB.
Rektor: Proteste gefährden Ruf der Schweizer Unis
Leumann selbst äusserte sich gegenüber der «Berner Zeitung» ebenfalls zu den Protesten – und kritisiert sie scharf. Der Uni-Betrieb sei gestört, Studierende eingeschüchtert und ein Uni-Gebäude missbraucht worden.
Zudem hätten die Besetzenden im Vorfeld nie das Gespräch mit der Uni-Leitung gesucht, moniert Leumann. «Und als sie die Unitobler dann besetzt haben, kommunizierten ihre Vertretungen immer nur anonym mit uns. Das ist einfach nicht vertrauensbildend.»
Zu den Buhrufen und Unterbrechungen sagt der Rektor: Die Art und Weise des Empfangs habe ihm den Eindruck vermittelt, dass die Besetzenden nicht an einem Dialog interessiert waren.
Die Proteste könnten sich sogar negativ auf das gesamte akademische System der Schweiz und dessen Ruf auswirken. Dies, wenn «wir unsere Unabhängigkeit, auch die politische, nicht wahren», so Leumann. «Dann werden wir unsere Glaubwürdigkeit und damit das Vertrauen der Gesellschaft in diese Rolle der Wissenschaft verlieren.»
So würden Unis nur noch als Aktivisten wahrgenommen. Leumann führt aus: «Dann machen wir das Gleiche wie die Politik und es braucht uns nicht mehr.»