Wenig Alkohol, viel TV: Jugendliche im ersten Lockdown
Eine Studie hat das Leben der Jugendlichen im ersten Lockdown untersucht. Sie zeigt: Die Jungen haben die Einschränkungen ganz unterschiedlich erlebt.
Das Wichtigste in Kürze
- Im ersten Lockdown hatten zwei Fünftel der Jugendlichen keine Probleme mit der Situation.
- Genau gleiche viele stuften die Veränderungen jedoch als schwierig ein.
- Dafür könnten «verschiedene soziale und familiäre Aspekte eine Rolle spielen», heisst es.
Jugendliche haben den ersten Lockdown gemäss einer Studie unterschiedlich erlebt: Zwei Fünftel der Befragten stuften die Veränderungen in der Schule und bei der Arbeit «als schwierig» ein, eine fast gleich grosse Gruppe hatte damit hingegen keine Probleme.
Diese Unterschiede werden in der am Dienstag veröffentlichten James-Studie der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften und der Swisscom als auffallend bezeichnet. Für diese Wahrnehmungen könnten «verschiedene soziale und familiäre Aspekte eine Rolle spielen», heisst es.
In Familien mit tiefem Einkommen fehle es beispielsweise an der technischen Ausstattung, was den digitalen Fernunterricht erschwert habe. In bildungsfernen Familien seien die Jugendlichen beim Lernen zudem häufiger auf sich alleine gestellt gewesen.
Romands und Tessiner erlebten Corona als belastender
Unterschiede zeigten sich auch im Blick auf die Landesteile: Das Coronavirus und die damit verbundenen Einschränkungen haben die 12- bis 19-Jährigen in der Romandie und insbesondere im Tessin als deutlich belastender erlebt als in der Deutschschweiz.
«Jugendliche der romanischsprachigen Schweiz waren einer deutlich angespannteren Lage ausgesetzt als Gleichaltrige in er Deutschschweiz», heisst es in der Studie. Im Tessin dürfte zudem die Nähe zur dramatischen Lage in der Norditalien das Bedrohungsgefühl verstärkt haben. «Dies spiegelt sich auch im psychischen Wohlbefinden der Jugendlichen.»
Um dem Coronastress zu begegnen, haben die Jugendlichen unter anderem auf positives Denken gesetzt: «Über zwei Drittel geben an, sie hätten versucht, etwas Positives in der Situation zu sehen.» Und drei von fünf hätten sich vorgestellt, «dass die Situation vorübergehen wird». Sich mit Essen, Alkohol trinken oder Rauchen abzulenken, haben gemäss Studie 13 Prozent versucht.
Jugendliche schauten häufiger TV
Um sich über die Corona-Situation zu informieren, haben die Jugendlichen wieder häufiger den Fernseher oder eine TV-App eingeschaltet als früher. Für 61 Prozent der Befragten gehörten TV-Berichte zu den wichtigsten Informationsquellen. Bei der letzten James-Studie 2018 stellten Fernsehbeiträge nur für 33 Prozent eine wichtige Informationsquelle dar.
Am meisten gestört haben sich die 12- bis 19-Jährigen im ersten Lockdown daran, dass sie ihre Freunde nicht wie gewohnt treffen konnten (66 Prozent) und dass sie ihren Hobbys nicht mehr nachgehen durften (58 Prozent).
Dies sei aus entwicklungspsychologischer Sicht wenig überraschend, wird Gregor Waller, der die Studie zusammen mit seinem Team durchgeführt hat, in einer Medienmitteilung zitiert. «Für junge Menschen sind Kontakte zu Gleichaltrigen und Freiheiten ausserhalb des Elternhauses essenziell für die eigene Persönlichkeitsentwicklung.»
953 Jugendliche aus der gesamten Schweiz wurden zwischen Mai und Juni 2020 für die aktuelle James-Studie befragt. Angesichts der Schulschliesslungen fanden die Befragungen anders als in den Vorjahren nicht in Schulstunden statt, es wurde ein Onlinefragebogen eingesetzt. Seit 2010 werden rund 100 Jugendliche alle zwei Jahre zu ihrem Medienverhalten befragt.