Wohnungsnot: Experten verteidigen Senioren in ihrer Wohnsituation
Senioren würden oft in grossen Wohnungen leben, die sie nicht aufgeben können. Das trage zur Wohnungsnot bei. Der Mieterverband und Pro Senectute widersprechen.
Das Wichtigste in Kürze
- Senioren bleiben häufig in grossen Wohnungen wohnen, weil ein Umzug teurer wäre.
- Der Immo-Verwalter IAZI sieht darin einen der Gründe für die Wohnungsnot.
- Pro Senectute und der Mieterverband nehmen die Senioren in Schutz.
Die Wohnungsnot hat die Schweiz fest im Griff. Einer der Gründe für die prekäre Situation sei, dass Senioren ihre verhältnismässig grossen Wohnungen nicht aufgeben können. Das sagt mitunter der Immobilien-Spezialist IAZI. Es gibt aber auch solche, die gar nicht ausziehen wollen.
Eine von ihnen, die lieber nicht ausziehen will, ist Rentnerin Margrit H.* (75) aus dem Zürcher Limmattal. Sie lebt seit rund 25 Jahren in derselben Fünfzimmerwohnung für 1900 Franken. «Für dieses Geld bekomme ich heute bei einem Umzug vielleicht noch drei Zimmer», sagt sie zu Nau.ch.
Weg will sie ohnehin nicht. «Ich gehe kaum je in die Ferien. Mein Zuhause ist meine Oase, hier verbringe ich die allermeiste Zeit, darum gefällt mir der viele Platz.» Und: Freunde lade sie lieber zum Essen nach Hause ein, als in ein teures Restaurant zu gehen.
Pro Senectute sieht dies aber nicht als verbreitetes Phänomen an. Man kenne lediglich Einzelfälle, wo ältere Personen grosse Wohneinheiten bewohnen würden, erklärt Peter Burri, Leiter Kommunikation bei Pro Senectute auf Anfrage. Dies als Ursache für den Wohnungsmangel in der Schweiz anzusehen, «ist sehr weit hergeholt und stimmt so nicht».
Umzug in kleinere Wohnungen oft teurer
Auch Burri stellt fest, was Margrit H. und IAZI beobachten: Ein Wechsel in eine kleinere Wohnung ist oft teurer, als in der grösseren Wohnung zu bleiben. «Oder es gibt keine passenden Wohnlösungen im gewohnten Umfeld», so Burri.
Der Mieterverband findet gar, dass Senioren gar nicht zu oft grosse Wohnungen bewohnen würden: «Manchmal hüten die Seniorinnen und Senioren auch Kinder, haben ein Büro oder benötigen ein weiteres Zimmer.»
Zudem seien sie mit ihrer Wohnung verbunden und würden sie nach Jahrzehnten nicht einfach aufgeben wollen. Weil es gerade in den Städten aussichtslos sei, eine kleinere bezahlbare Wohnung zu finden, würden diese Überlegungen gar nicht erst gemacht, erklärt Michael Töngi, Vizepräsident des Mieterverbands gegenüber Nau.ch. Aus diesem Grund finde auch er von IAZI vorgeschlagene Tauschbörsen, aber insbesondere den Tausch von Mietverträgen wichtig. Letzteres entspreche einer älteren Forderung seitens Mieterverband.
*Name der Redaktion bekannt