Wolfs-ähnliches Raubtier breitet sich aus: Schweizer Schäfer besorgt
Der Goldschakal breitet sich aus, Nachbarländer melden Risse. Schweizer Schäfer sprechen von einer «Blackbox». Die Raubtiere profitieren auch vom Klimawandel.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Goldschakal breitet sich aus – mittelfristig dürfte er sich in der Schweiz ansiedeln.
- Welche Folgen die Ankunft des Raubtiers hat, ist schwer zu sagen.
- Schweizer Schafbauern sind aber skeptisch. «Für uns kommt eine Blackbox ins Land.»
- Die Wildtiermanagement-Stiftung Kora schliesst Risse nicht aus.
«Für uns Schafzüchter ist der Goldschakal eine Blackbox, die ins Land kommt.» Lukas Berger, Präsident des Schweizerischen Schafzuchtverbands, schaut mit Sorgenfalten auf die Nachbarländer Österreich und Deutschland.
Der Goldschakal breitet sich aus. In Österreich gehen laut offiziellen Angaben zwölf Risse in diesem Jahr auf das Konto des kleinen Bruders des Wolfs.
Weil man eine Über-Population befürchtet, bläst jetzt neu auch das Bundesland Salzburg zur Jagd. In Tirol darf das gesamte Jahr auf den Goldschakal geschossen werden.
Mehr Sichtungen in der Schweiz – auch wegen Klimaerwärmung
Weil der Goldschakal natürlich in die Schweiz eingewandert ist, gilt er hier gesetzlich als einheimische Art und steht unter Schutz. «Man kann in der Schweiz noch keine Schätzung machen, wie viele Tiere sich hier aufhalten.» Das sagt Kora, eine Stiftung die für Wildtierökologie und Wildtiermanagement zuständig ist.
Bestätigte Reproduktion gebe es hier nicht, sondern nur Nachweise einzelner, durchziehender Tiere. Aber: «Wir erwarten, dass sich der Goldschakal auch in der Schweiz mittelfristig ansiedeln wird. Vermutlich vor allem in den tieferen Lagen, wie zum Beispiel dem Mittelland.»
Der Goldschakal profitiert von der Klimaerwärmung, er hat nämlich nicht gerne Schnee. Und diesen gibt es in der Schweiz, etwa im Mittelland, immer weniger. So entsteht neuer Lebensraum.
Ein Indiz, dass die Zahl der Tiere in der Schweiz schon zunimmt, hat David Gerke von der Gruppe Wolf Schweiz. Denn: «Es ist eine steigende Zahl an Goldschakal-Sichtungen zu verzeichnen.»
Luchs, Fuchs, Wolf und Goldschakal – «Das sehe ich skeptisch»
Für Schafzüchter Berger ist schwierig einzuschätzen, welche Folgen der neue Bewohner haben könnte. Freudensprünge macht man über die vermehrten Sichtungen in der Schweiz aber nicht.
Aktuell gebe es nämlich schon das «Riesenproblem» Wolf. Daneben auch noch den Luchs und den Fuchs. «Dass es in der Schweiz jetzt auch noch Platz für den Schakal, ein weiteres Raubtier, geben soll, sehe ich skeptisch.»
In der Schweiz wurde der Goldschakal erstmals Ende 2011 in den Nordwest-Alpen gesichtet. Seither gibt es erst ein Ereignis, wo man davon ausgeht, dass ein Goldschakal ein Schaf getötet hat.
«Es kann in der Schweiz zu Rissen kommen»
Zwar vermelden die Österreicher heuer zwölf Risse. Jedoch sei die Datenlage auch im Ausland nicht immer ganz klar zu beurteilen. Der Goldschakal ist nämlich auch ein Aasfresser, erklärt Kora. «Er kann auch Tiere nutzen, die er nicht getötet hat, sondern die vielleicht von alleine gestorben sind.»
Angriffe auf Nutztiere seien aber möglich. «Der Goldschakal kann Tiere bis zur Grösse eines Rehs töten. Es ist also nicht auszuschliessen, dass es in der Schweiz zu Rissen kommen kann.»
Wolfs-Ausrottung stärkte den Goldschakal
Nebst der Klimaerwärmung dürfte es noch einen weiteren Grund für die Ausbreitung geben, vermuten die Gruppe Wolf Schweiz und Kora: das Fehlen des Wolfs.
Gerke: «Der Wolf ist ein natürlicher Feind des Goldschakals und verdrängt ihn. Einst wurde der Wolf in Europa weitestgehend ausgerottet. Das sorgte dafür, dass sich der Goldschakal überhaupt nach Mittel- und Westeuropa ausbreiten konnte.»
Zum Verwechseln ähnlich mit Fuchs und Wolf
Nicht bei allen Goldschakal-Meldungen handelt es sich tatsächlich um Goldschakale. Sie können «sehr leicht» mit Füchsen verwechselt werden, wenn der Grössenvergleich fehle auch mit Wölfen, sagt Gerke. «Die überwiegende Mehrheit der Meldungen betreffen ganz normale Füchse.»
Von Kora verifizierte Goldschakal-Beobachtungen gibt es in diesem Jahr nur drei. «Im Gegensatz zum Fuchs hat er einen kürzeren Schwanz, der keine weisse Spitze hat. Die Rückseite der Ohren ist beim Goldschakal fellfarbig, beim Fuchs ist sie schwarz.»
Der Wolf sei grösser und schwerer. «Die Schnauze des Goldschakals ist feiner und spitzer als beim Wolf und der Kopf wirkt kleiner. Die Unterscheidung ist nicht immer einfach.»