Zürcher Studie zu Coronavirus: Kinder sind keine Infektionsherde
Eine neue Studie aus Zürich belegt, dass Kinder nicht zur Verbreitung des Coronavirus beitragen. Co-Autor Christoph Berger nimmt Stellung.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine neue Studie aus Zürich belegt: Kinder stecken sich häufig mit dem Coronavirus an.
- Doch obwohl sich Kinder mit dem Virus anstecken, geben sie die Infektion nicht weiter.
- Damit müssen keine weiteren Massnahmen an Schulen ergriffen werden.
Welche Rolle spielen Kinder in der Corona-Pandemie? Seit Monaten beschäftigt diese Frage die Wissenschaft. Schon länger ist bekannt, dass eine Infektion mit dem Coronavirus bei vielen Kindern weitgehend symptomfrei abläuft. Daher dürfte die Dunkelziffer der nicht registrierten Infektionen bei Kindern deutlich höher sein.
Mediziner der Universität Zürich haben nun in der gross angelegten Studie «Ciao Corona» mittels Antikörper-Tests nach bereits genesenen Kindern gesucht. Das Resultat: Kinder stecken sich ähnlich häufig wie Erwachsene an – doch sie geben das Virus nicht weiter. Nau.ch hat mit Co-Autor Christoph Berger über die Studie gesprochen.
«Das ist eine gute Nachricht!»
Im Rahmen der Studie wurden Kinder aus 55 Schulklassen im Kanton Zürich auf Antikörper untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass sich Erst- bis Achtklässler ähnlich häufig infiziert haben wie Erwachsene. In keiner einzigen Klasse wurden dabei mehr als drei Kinder mit durchgemachte Infektionen registriert: Es gab keine Clusterbildung in den Schulklassen.
«Das ist eine gute Nachricht!», freut sich Christoph Berger, Leiter der Abteilung Infektiologie und Spitalhygiene am Universitäts-Kinderspital Zürich: «Kinder infizieren sich zwar mit dem Coronavirus, doch sie stecken kaum andere Kinder oder Erwachsene an.»
Damit bestätigt die Studie die bisherigen Vermutungen der Kinderärzte – und füllt eine wichtige Lücke: «Verschiedene Studien haben sich mit symptomatischen Kindern beschäftigt. Studien, welche sich mit infizierten Kindern ohne Symptome befassen, gab es bisher nur sehr wenige», erklärt Berger.
Keine zusätzlichen Massnahmen in obligatorischen Schulen
Die Studie belegt klar, dass Kinder in der Verbreitung des Virus kaum eine Rolle spielen. «Auch nach den Herbstferien müssen wir keine weiteren Massnahmen in den obligatorischen Schulen ergreifen», schlussfolgert Berger.
«Die Schüler dürfen sorglos weiter zur Schule gehen – auch wenn sie einmal ein wenig verschnupft sind.» Dieser Umstand wird auch in den neuen Vorgaben des BAG berücksichtigt, welche gemeinsam mit den Kinderärzte-Verbänden ausgearbeitet wurden. «Einzelne Corona-Fälle sollten auch im Winter keine Schliessung von Erziehungs- und Betreuungseinrichtungen zufolge haben. Das hilft auch den Eltern, die so weiterarbeiten können.»
Eine Maskenpflicht für Schüler bis zur Oberstufe oder gar Schulschliessungen sind damit vorerst vom Tisch. Auch die Maskenpflicht im ÖV muss nicht auf Kinder unter zwölf ausgeweitet werden. Die Studie hat jedoch auch ihre Grenzen: «Was mit älteren Berufsschülern oder Gymnasiasten ist, muss noch untersucht werden», so Berger.
Schwere Fälle des Coronavirus bei Kindern extrem selten
Die hohe Häufigkeit von Antikörpern, beweist, dass sich viele Kinder infiziert haben: Im Kanton Zürich haben sich rund 2,8 Prozent der Schüler bereits angesteckt, so die Studie.
Bereits früh erkannten Kinderärzte das «Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome», welches durch das Coronavirus ausgelöst wird und dem Kawasaki-Syndrom ähnelt: Schwere Entzündungen im ganzen Körper können dabei Komplikationen auslösen. Mit der Studie liegt erstmals ein konkreter Vergleichswert für die wenigen Kinder vor, welche am Coronavirus schwer erkranken.
«Die schweren Krankheitsverläufe sind bei Kindern extrem selten», schlussfolgert Berger angesichts der Studien-Resultate. «Die wenigen, die krank werden, werden meist nur wenig krank.» Schwere Verläufe lassen sich jedoch nicht vorhersagen: «Da muss der Kinderarzt gut aufpassen. Fürs einzelne Kind kann das dramatisch sein, im grossen Kontext sind die Fälle aber wenig relevant.»