Zweitwohnungs-Zoff in Bündner Dorf eskaliert
Zweitwohnungsbesitzer und Einheimische geraten sich in Scuol bei Bauprojekten regelmässig in die Haare. Nun greift die Gemeindepräsidentin ein.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Zweitheimischen in Scuol wehren sich gegen ein Vorhaben zugunsten von Einheimischen.
- Einem lokalen Architekten platzte der Kragen.
- Die Gemeindepräsidentin von Scuol ruft zum Dialog auf.
Zwischen Dorfbewohnern und Ferienhüslibesitzern im Unterengadiner Dorf Scuol hängt der Haussegen schief. Grund dafür ist die geplante Ortsplanungsrevision.
Die Zweitheimischen wehren sich gegen eine Zweitwohnungssteuer, um Erstwohnungen zu fördern, wie «Schweiz aktuell» berichtet. Auch lassen sie die Vorwürfe nicht auf sich sitzen, einheimische Bauvorhaben zu verhindern.
Zum Zoff kommt es, nachdem Nachbarn mit Zweitwohnungen gegen ein Bauprojekt für Erstwohnungen für Einheimische Rekurs einlegen.
Das sorgt im Dorf für mächtig Ärger – etwa beim zuständigen Architekten Chasper Cadonau. Er ist so hässig, dass er auf Facebook die Namen der Personen veröffentlicht, die die Einsprache gemacht hatten.
«Genau solche Leute brauchen wir hier nicht!!!»
In dem Post schimpft er: «Integriert euch, helft uns und lebt gemeinsam mit uns hier im Engadin! Steht uns nicht egoistisch im Weg, damit wir nicht mehr hier leben können.»
Und weiter: «Wenn es euch gar nicht passt, habt ihr auch die Möglichkeit, wieder ins Unterland zu ziehen. Denn genau solche Leute brauchen wir hier nicht!!!»

Den Eintrag hat der Architekt inzwischen gelöscht – und schlägt versöhnlichere Töne an. Er betont, dass die Region die Zweitheimischen brauche.
«Aber die Einheimischen, die hier arbeiten und dafür sorgen, dass es für Touristen und Zweitwohnungsbesitzer eine tolle Region ist, müssten doch auch im Dorf leben können.»
Die Einsprechenden halten es jedoch für nicht zulässig, die betreffende Parzelle zu bebauen. Zuerst müsse das Resultat der laufenden Ortsplanungsrevision bekannt sein und es müsse entschieden sein, ob diese Parzelle ausgezont werden müsse.
«Wollen keine tote Gemeinde»
Aita Zanetti, Gemeindepräsidentin von Scuol (Die Mitte), warb an der GV der IG der Zweitwohnungsbesitzenden für mehr gegenseitiges Verständnis.
Grossmehrheitlich machten Personen, die nicht vor Ort wohnten, vom Recht der Einsprache Gebrauch, sagte sie.
Einheimische, die in der Regel auch Nachbarn seien, suchten vorgängig eher das Gespräch und damit den Dialog, so Zanetti. Sie rief deshalb dazu auf, den Dialog in der Nachbarschaft zu suchen. So sollen Rechtsstreitigkeiten verhindert werden.
Dieser Meinung war auch Sascha Ullmann, Präsident der IG der Zweitwohnungsbesitzenden Scuol. «Wir wollen ja auch nicht, dass Scuol eine tote Gemeinde ist», stellte er klar.