Franziska Roth (SP): Mehr Zivildienst gegen Corona

Franziska Roth
Franziska Roth

Solothurn,

Nationalrätin Franziska Roth (SP) findet, dass der Zivildienst in der Corona-Krise eine bedeutende Rolle spielen kann und soll. Ein Gast-Kommentar.

Franziska Roth Coronavirus
Die Solothurner SP-Nationalrätin Franziska Roth plädiert für eine stärkere Rolle des Zivildiensts beim Kampf gegen Corona. - zVg

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Zivildienst gehört an die vorderste Front in der Pandemie.
  • Bis jetzt wurde dessen grosses Potenzial nur ungenügend genutzt.
  • Das schreibt SP-Nationalrätin Franziska Roth in einem Gast-Kommentar für Nau.ch.

Die Corona-Krise ist eine zivile Krise. Das grösste zivile Mittel des Bundes für Betreuungsaufgaben ist der Zivildienst. Deshalb gehört an eine «Pandemie-Front» in erster Linie der Zivildienst und nicht die Armee.

Er ist laut Zivildienstgesetz (ZDG) ausdrücklich vorgesehen, in Katastrophen und Notlagen eine wichtige Rolle zu spielen. Bis jetzt ist das grosse Potenzial des Zivildienstes aber nur ungenügend genutzt worden.

Pflegepersonal Bürgerdienst
Mit dem Bürgerdienst soll beispielsweise das Pflegepersonal entlastet werden. - Keystone

Dabei gibt es Bereiche, die gerade jetzt dringend kompetente Unterstützung brauchen können. Einer davon, der immer wieder an den Rand gedrängt wird, ist die Schule. Zivildienstleistende, die zum Beispiel an pädagogischen Hochschulen studieren oder in Ausbildung zum Fachmann Betreuung stehen, können in der Schule wertvolle Hilfe bieten.

Dies wurde schon 2012 anlässlich einer prospektiven Evaluation durch die Erziehungsdirektion Bern festgehalten. 2015 nahmen die eidg. Räte das Schulwesen explizit in den Katalog der Zivildienst-Tätigkeitsbereiche auf.

Im Schulwesen braucht es zusätzliches Personal

Das Coronavirus fordert von unserer Schule bisher ungewohnte Massnahmen. Kurzfristig musste die Situation zuerst verstanden, dann analysiert und schliesslich zugunsten aller entschieden und gehandelt werden. Die Schulen haben das grundsätzlich hervorragend gemacht.

Nach dem Fernunterricht können die Volksschulen am 11. Mai 2020 öffnen. Dafür ist ein Schutzkonzept erforderlich, das gewährleistet, dass das Übertragungsrisiko für die Kinder und Jugendlichen sowie für die in der Schule tätigen Personen minimiert wird.

Schule
Kinder gehen in die Schule. (Symbolbild) - Keystone

Das ist für alle Beteiligten anspruchsvoll, braucht Disziplin und es braucht vor allem zusätzliches Personal. Hier könnte und sollte dem Zivildienst eine zentrale Rolle zukommen.

Fachpersonal entlasten

Einsätze von Zivildienstleistenden haben sich in fast allen Bereichen der Schule bewährt. Zivis unterstützen die Lehrkräfte innerhalb und ausserhalb des Unterrichts. Dies entlastet das Schulpersonal, das heute durch die zusätzlichen Anforderungen aufgrund der Pandemie stark belastet wird.

Die Fachpersonen sind so eher in der Lage, sich vermehrt auf die inhaltliche Arbeit zu konzentrieren, was langfristig zu einer qualitativen Verbesserung ihrer Tätigkeit und zu einer Steigerung ihres Wohlbefindens führt.

Zudem wird die Betreuung der Schülerinnen und Schüler im Unterricht verbessert, wenn die Lehrperson in begleitenden Bereichen entlastet werden. Auch ausserhalb des Unterrichts können die anfallenden Arbeiten durch die Unterstützung von Zivildienstleistenden besser getragen werden.

Zivildienst hat weit mehr Leistungspotential

Ende April 2020 waren in den Bereichen Pflege, Betreuung und Schulen schweizweit 4203 Zivis im Einsatz, davon 233 Zivis in eigentlichen Notlageneinsätzen. Ihre Pflichtenhefte sind spezifisch darauf ausgerichtet, die jeweiligen Einsatzbetriebe – namentlich Spitäler, Heime und Asylzentren – in der Bewältigung der Corona-Krise zu unterstützen. Der Zivildienst hat aber das Potenzial, weit mehr zu leisten.

Von aussen betrachtet, hat die Vollzugsstelle für den Zivildienst ZIVI bisher allzu zögerlich gehandelt. Zudem scheinen auch die Kantone und zuständigen Stäbe – namentlich das Ressourcenmanagement des Bundes – allzu oft vorschnell nach der Armee und dem Zivilschutz gerufen zu haben, statt den gut ausgebildeten und nachhaltig einsetzbaren Zivis den Vortritt zu lassen.

Coronavirus
Soldaten des Spitalbataillons 5 sind anlässlich des Zusammenzugs aus verschiedenen Teilen der Schweiz in der Kaserne von Stans zusammengekommen. Die Aufgabe der Soldaten ist die Unterstützung in den Spitälern wegen der Corona-Epidemie. - dpa

Innert zwei bis vier Wochen sind Tausende von Zivis einsatzbereit – sei es gestützt auf Eigeninitiative (Art. 4 ZDG) oder gestützt auf Artikel 14 ZDG, der dem Bund die Kompetenz gibt, ausserordentliche Zivildienstleistungen zur Bewältigung der Folgen von ausserordentlicher Lage anzuordnen. Beides sollte mit Blick auf eine allfällige zweite Welle jetzt geprüft und in Eventualplanungen vorbereitet werden.

Schwelle ohne erkennbaren Grund erhöht

Stattdessen hat die ZIVI-Behörde die Schwelle für Notlageneinsätze von Zivildienstleistenden mitten in der Corona-Krise ohne erkennbaren Grund gar noch erhöht. Sie kommunizierte am 14. März: «Das Bundesamt ZIVI heisst Begehren für den Einsatz von Zivis zur Bewältigung der COVID-19 Pandemie und zur Regeneration nur gut, wenn sich Personalressourcen nicht temporär rekrutieren lassen (bspw. durch Freiwillige…).»

Es gibt aber keine rechtliche Grundlage, um den Zivildienst allein subsidiär zu Freiwilligen einzusetzen. Das ZDG Art. 4 Abs. 3 sieht das genaue Gegenteil vor: in Notlagen können Zivis selbst dann eingesetzt werden, wenn die sonst üblichen Voraussetzungen nicht alle erfüllt sind.

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