Luís Calvo (Grüne): Bülach braucht höhere Steuern für Infrastruktur
Die Stadt Bülach ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Daher bedarf es einer verbesserten Infrastruktur, mithilfe einer Steuererhöhung. Ein Gastbeitrag.
Das Wichtigste in Kürze
- In der Stadt Bülach hat das Parlament das Budget für das Jahr 2024 genehmigt.
- Aufgrund grossen Wachstums müsste mehr in die Infrastruktur investiert werden.
- Möglich sei dies jedoch nur mit einer sofortigen Erhöhung des Steuerfusses.
- Dies behauptet Grünen Fraktionspräsident Luís Manuel Calvo Salgado in seinem Gastbeitrag.
Im Bülacher Parlament wurde das Budget 2024 diskutiert und genehmigt, ohne viel an die Zukunft zu denken. Die Grünen und die SP hingegen haben sich für eine Steuerfusserhöhung ausgesprochen, weil Bülachs finanzielle Zukunft von grossen Investitionen in Infrastrukturbauten (unter anderem Schulen und Sportanlagen) geprägt sein wird. Die Stadt ist in den letzten Jahren stark gewachsen, ohne frühzeitig genug an die nötigen Infrastrukturen zu denken.
Die «NZZ am Sonntag» schrieb am 25. November einen Artikel mit dem Titel «Dicht, dichter, Bülach». Der Artikel enthielt ein Plädoyer für «bauliche Verdichtung und Verbesserung des Wohnungsangebots in den Städten». Es wurde erklärt, dass diese Verdichtung der Bevölkerungsentwicklung weit hinterherhinke.
Bülach wurde als Beispiel für das Wachstum genannt, das «nur in der Agglomeration» stattfinde. Unerwähnt blieb, dass die Bereitstellung der notwendigen Infrastruktur für die Bevölkerung auch dem Bau von Wohnungen hinterherhinkt.
In der Sitzung des Parlaments habe ich zunächst im Namen einer Minderheit der Rechnungsprüfungskommission (RPK) und dann im Namen der Grünenfraktion für eine Steuerfusserhöhung von zwei Prozent plädiert.
Stadtregierung bedient sich eines «fiskalpolitischen Tricks»
In der Präsentation des Budgets schreibt der Stadtrat unter anderem: «Aus Sicht des Stadtrats ist eine Steuerfusserhöhung unumgänglich, um das Ziel eines weiterhin lebenswerten Bülachs mit einem erträglichen Anstieg der Schulden einigermassen in Einklang zu bringen.»
Aber dafür hat der Stadtrat ein Modell namens «Steuerfuss-Zielkorridor» entwickelt: «Wenn im Budget eine gewisse Schuldenhöhe erreicht wird, beantragt der Stadtrat dem Stadtparlament eine Steuerfusserhöhung.» Konkret soll dies jedoch erst in Zukunft geschehen, denn das Modell sieht vor, «dass der Steuerfuss ab budgetierten Schulden grösser als 100 Millionen Franken um zwei Prozentpunkte erhöht wird», also erst bei massiven Schulden.
Zwar gibt der Stadtrat jetzt endlich zum ersten Mal klar zu, dass die nötigen Investitionen nicht alle selbst finanziert werden können und eine Steuererhöhung früher oder später nötig sein wird. Statt die Verantwortung klar dafür zu übernehmen, greift die Stadtregierung mit dem sogenannten Modell «Steuerfuss-Zielkorridor» jedoch zu einem fiskalpolitischen Trick.
So soll der Eindruck entstehen, dass die Stadtregierung durch einen ausserhalb ihrer Macht liegenden Mechanismus irgendwann dazu gezwungen sein wird, die Steuern gegen ihren Willen zu erhöhen.
Steuererhöhungen sind jetzt schon nötig
Es wäre viel sinnvoller, schon jetzt zuzugeben, dass die zukünftigen Investitionen nur mit Steuererhöhungen möglich sein werden. Manche Stadträte konnten sich vor den Wahlen überhaupt nicht vorstellen, dass eine solche Situation in Zukunft möglich wäre. Aber jetzt geben sie zu, dass diese Massnahmen in Bezug auf die Steuern nötig sein werden, und die Stadtregierung versucht, diese Steuererhöhung so weit wie möglich hinauszuzögern.
Der Stadtrat ist ferner bereit, mögliche Verkäufe von öffentlichen Grundstücken zu prüfen: «Verkäufe würden unter Berücksichtigung der Gemeindeordnung, welche den Verkauf von stadteigenen Grundstücken regelt, erfolgen.»
Auch hier wird ersichtlich, wie sehr der Stadtrat den Willen der Bülacher Stimmberechtigten geringachtet, die der Bodeninitiative «Boden für die kommenden Generationen» an der Urne zugestimmt haben. Die Gemeindeordnung sieht dank der Initiative unter anderem zwei Punkte vor: «Grundstücke im Eigentum der Stadt Bülach verbleiben im Grundsatz in deren Eigentum.» Und «Grundstücke können Dritten zur befristeten Gebrauchsüberlassung (beispielsweise Baurecht, Miete) zur Verfügung gestellt werden».
Die Taktik des Stadtrats bestand in der letzten Parlamentssitzung also eindeutig darin, zwar von den zukünftigen Schulden wegen der notwendigen Investitionen zu reden, aber eine moderate Erhöhung des Steuerfusses mit dem Hinweis auf das untaugliche Modell «Steuerfuss-Zielkorridor» zurückzuweisen. Letztlich soll ein Schuldenberg die Bevölkerung vor die Wahl stellen: massive Steuererhöhungen oder der Verkauf von stadteigenen Grundstücken. Wie sich die Stimmberechtigten entscheiden werden, ist unter solchen Umständen nicht schwer zu erraten…
Zum Autor: Luís Manuel Calvo Salgado ist Fraktionspräsident der Grünen Partei im Stadtparlament Bülach.