Für die Migrationsbevölkerung war unser bestehendes Netzwerk und das damit verbundene Vertrauensverhältnis enorm wichtig. Ein Gastbeitrag von Isabel Uehlinger.
Isabel Uehlinger
Isabel Uehlinger, Geschäftsführerin der Femmes- und Männer-Tische Schweiz. - zvg

Das Wichtigste in Kürze

  • Isabel Uehlinger ist Geschäftsführerin der Femmes-und Männer-Tische Schweiz.
  • Femmes-/Männer-Tische ist ein schweizweites Gesprächsangebot für Migranten in 20 Sprachen.
  • Moderatoren der Austausch-Tische sind ehemalige Migrantinnen und Migranten.
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Wir haben eine ziemliche Kehrtwende gemacht. Zu Beginn des Lockdowns dachten wir von Femmes-Tische und Männer-Tische, dass wir unsere Gesprächsrunden für die Migrationsbevölkerung total herunterfahren.

Wir bieten jährlich über 2000 moderierte Diskussionsrunden in über 20 Sprachen zu Alltagsfragen rund um Gesundheit, Familie und Integration an.

Männer-Tisch.
Männer-Tisch - www.femmestische.ch

Es ist ein Peer-to-Peer-Angebot, unsere Gesprächs-Moderatorinnen und Moderatoren sind selbst irgendwann in die Schweiz gekommen.

Meist sind sie berufstätige Mütter oder Väter und oft stark beansprucht. Wir wollten sie während des Lockdowns nicht zusätzlich belasten.

Sprachliche Barriere bei Informationen des Bundesrats

Doch dann erhielten wir Rückmeldungen, dass es Familien gab, die noch kurz vor dem Lockdown mit 200 Gästen Taufe feierten.

Wir realisierten, dass die Informationen des Bundesrats – damals nur in den Landessprachen und auf Englisch erhältlich – die Migrantinnen und Migranten in der Schweiz nicht erreichten.

Sie wussten nicht, was vor sich ging und erhielten gleichzeitig widersprüchliche Informationen aus ihren Herkunftsländern.

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Wir änderten unsere Strategie und entschieden, den Kontakt zu unseren Communities aufrechtzuhalten. Zu Recht, wie unser Bericht «Einblick in die Lebenswelt sozial belasteter Familien während des Lockdowns», nun zeigt.

Informationsblatt in Arabisch.
BAG-Informationsblatt in Arabisch. - BAG

Für die Migrationsbevölkerung war während des Lockdowns unser bestehendes Netzwerk und das damit verbundene Vertrauensverhältnis enorm wichtig.

Als Ansprechpersonen wichtiger als Lehrkräfte

Die Moderatorinnen und Moderatoren von Femmes-Tische und Männer-Tische, die dieselben Sprachen wie die Communities sprechen und teilweise über Jahre ein Vertrauensverhältnis aufgebaut haben, leisteten gerade in der ersten Zeit des Lockdowns viel sprachliche Übersetzungsarbeit.

Und nicht nur das. Sie hörten den Ängsten und Sorgen zu, erfuhren von Arbeitslosigkeit und den vielen Fragen rund ums Homeschooling.

In fünf Monaten unterstützten sie online in über 200 Einzel- oder Gruppengespräche ihre Communities, zum Beispiel im Umgang mit Ämtern und Formularen.

Gemäss unserer Umfrage, die wir zusammen mit a:primo gemacht haben, gehörten sie für die sozial belasteten Familien zu den wichtigsten Ansprechpersonen – wichtiger als die Lehrkräfte.

Informationsvermittlung im Auftrag des BAG

Wir von der Geschäftsstelle Femmes-Tische und Männer-Tische trugen, zusammen mit unseren 30 Standorten, im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit (BAG) zur Informationsvermittlung für die Migrationsbevölkerung bei.

Femmes-Tisch.
Femmes-Tisch. - www.femmestische.ch

Wir unterstützten bei der Übersetzung der offiziellen Weisungen, stellten Materialien und Filme in den verschiedenen Sprachen zusammen und führten Schulungen zur Umsetzung von online Gesprächsrunden durch, damit unsere Moderatorinnen mit den Menschen online in Kontakt bleiben konnten.

Erfolg dank Vertrauensverhältnis

Unser Bericht zeigt auf, dass unsere Community nur dank des bereits vorher aufgebauten Vertrauensverhältnisses erreicht werden konnte.

Und wir haben auch festgestellt, dass es für dieses Peer-to-Peer-Angebot einen professionellen Rahmen braucht.

Wir kleinen Organisationen sind es, die in der Krise schnell und effizient reagieren können.

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