Natalie Imboden (Grüne): Ja zur Fusion von Ostermundigen und Bern
Mit der Abstimmung über den Fusionsvertrag von Ostermundigen und Bern, wird das Zusammenwachsen der Gemeinden konkret. Ein Gastbeitrag.
Das Wichtigste in Kürze
- Ostermundigen und Bern stimmen im Herbst über die Gemeindefusion ab.
- Die Parlamente von Ostermundigen und Bern unterstützen die Fusion mit grosser Mehrheit.
- Die Fusion würde die viertgrösste Schweizer Stadt schaffen, wie dieser Gastbeitrag zeigt.
Mit der Fusion zwischen Ostermundigen und Bern können zwei Gemeinden politisch zusammenwachsen, die bereits heute räumlich und sozial stark vernetzt sind.
Bereits 1924, also vor 99 Jahren, verband die schweizweit erste Buslinie die Gemeinde Bern mit Ostermundigen und Bümpliz. Bald verbindet eine neue Tramlinie Ostermundigen und Bern.
Mit der Abstimmung am 22. Oktober 2023 wird über einen Fusionsvertrag abgestimmt, der viele Bereiche des öffentlichen Lebens regelt. Damit wird das Zusammenwachsen konkret. Noch offene Fragen wie beispielsweise im Bereich der Bauordnungen und der Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus müssen noch geklärt werden.
Mit 25 Ja-Stimmen gegen 9 Nein-Stimmen bei 3 Enthaltungen hat das Parlament von Ostermundigen am 29. Juni beschlossen, das Fusionspaket Ostermundigen – Bern zu unterstützen, wie auch bereits das Stadtparlament von Bern.
Damit stimmen am 22. Oktober die beiden Gemeinden Ostermundigen und Bern gleichzeitig über den Fusionsvertrag ab.
Mit der Fusion soll das politische Zusammenwachsen beschlossen werden, nachdem bereits beide Gemeinden und 2018 auch der Kanton Ja zu einer neuen Tramverbindung Bern – Ostermundigen gesagt hatten, welche die überlastete Buslinie 10 ersetzen soll. Nach heutigem Planungsstand sollen die ersten Bauarbeiten für das Tram 2024 starten und vier bis fünf Jahre dauern.
Bereits vor bald 100 Jahren, Mitte November 1924 nahm der Stadtomnibus die erste Buslinie zwischen Bern, dem Aussenquartier Bümpliz und Ostermundigen in Betrieb, welche erstmals Aussenquartiere an den innerstädtischen öffentlichen Verkehr anschloss.
Damals bestand noch kein Tarifverbund mit den Trams der Städtischen Strassenbahn Bern: Beim Umsteigen musste ein neues Ticket gelöst werden.
Eigentlich waren es keine «richtigen» Busse, die von der Firma SAURER in Arbon geliefert wurden, sondern Lastwagen mit einem Aufbau für den Personentransport. Doch trotz des mangelnden Komforts erfreuten sich die neuen Buslinien grosser Beliebtheit.
Schon bald wurden neue Buslinien nach Köniz, Gurten-Gartenstadt, in die Lorraine, den Wyler und zum Tierpark eröffnet. Der Bus Bümpliz – Bern – Ostermundigen, der sogenannte «Schnauzenbus Nr. 5» war also Wegbereiter und Pionier zugleich.
Die aktuellen Herausforderungen bezüglich soziodemografischer Zusammensetzung der Bevölkerung sind ähnlich, wobei Ostermundigen internationaler und multikultureller ist als die Stadt. Ostermundigen wird denn auch als «Integrationsmaschine» bezeichnet.
Leider können die heute 31,68 Prozent der Ostermundiger Bevölkerung ohne Schweizer Pass nicht über die Fusion abstimmen. Damit sich die ändert, unterstützen die GRÜNEN die Demokratie-Initiative, welche das Einbürgerungsverfahren vereinfachen will.
Mit der Fusion gibt es im Sozialbereich einige Verbesserungen. Neu gelten im Sozialbereich in allen Stadtteilen dieselben Standards. So haben mehr Menschen Zugang zu vielseitigen Bildungs- und Sozialangeboten. Nach einer Fusion gelten die stärker ausgebauten Leistungen der Stadt Bern im Sozialbereich auch für Ostermundigen.
So gibt es etwa Verbesserungen für die Kindertagesstätten: Im Vergleich zu heute erhalten Eltern in Ostermundigen künftig mehr finanzielle Unterstützung pro Betreuungstag und eine Vergünstigung für Säuglinge.
Auch bei der Ferienbetreuung von Schulkindern sind für Ostermundigen Verbesserungen bis spätestens zum Schuljahresbeginn 2026/2027 vorgesehen. Die Ostermundiger Angebote im Bereich der offenen Kinder- und Jugendarbeit bleiben vor Ort bestehen. Auch alle Schulstandorte bleiben unverändert.
Da der Klimawandel keine Grenzen kennt, ist die Politik überall gefordert. Ostermundigen hat sich in einem Richtplan verpflichtet, auf seinem Gemeindegebiet die Energieeffizienz zu erhöhen und erneuerbare Energien zu fördern.
Die Stadt Bern will ihre Treibhausgasemissionen bis 2045 auf netto null senken und gibt dazu einen allgemeinen CO2-Absenkpfad sowie separate Absenkpfade für die Sektoren Wärme und Mobilität vor.
Das heutige Klimareglement der Stadt Bern gilt nach einer Fusion grundsätzlich auch für den Stadtteil Ostermundigen. Jedoch finden die Absenkpfade in Ostermundigen vorläufig noch keine Anwendung.
Der Gemeinderat der fusionierten Gemeinde muss dem Stadtrat innert zwei Jahren nach dem Zusammenschluss eine Vorlage mit Klimamassnahmen unterbreiten, die für Ostermundigen passend sind. Ziel ist es, auch im Stadtteil Ostermundigen bis im Jahr 2045 den CO2-Ausstoss auf netto null zu senken.
Im Gegensatz zur Region Zürich, wo 1893 und 1934 rund 20 Gemeinden eingemeindet wurden, fand in der Region Bern die letzte grosse Fusion 1919 mit der Eingemeindung von Bümpliz statt. Wichtiger als die Grösse in Zahlen ist der Gewinn an sozialer Infrastruktur und der Mehrwert beim Klimaschutz.
Nach der Fusion würde die Stadt Bern rund 163’000 Einwohnerinnen und Einwohnern zählen, würde damit Lausanne überholen und zur viertgrössten Stadt der Schweiz werden.
Zur Autorin: Natalie Imboden ist Nationalrätin für die Grünen Bern und Vorstandsmitglied des Mieterverbands Kanton Bern.