Sarah Wyss (SP): «Schuldenbremse reformieren!»
Die Ausgestaltung der Schweizer Schuldenbremse wird als Erfolgsrezept verkauft. Dass sie dies nicht ist, merkt man erst auf den zweiten Blick. Ein Gastbeitrag.
Das Wichtigste in Kürze
- Seit mehr als 20 Jahren bereits gibt es in der Schweiz eine Schuldenbremse.
- Diese hat ihren Zweck erfüllt und die Nettoschuldenquote massiv reduziert.
- Jedoch verhindert sie auch wichtige Investitionen für die Zukunft.
- Nationalrätin Sarah Wyss (SP) schreibt, dass es nun dringend eine Reform braucht.
Um das Schuldenniveau des Bundes zu stabilisieren, hat die Schweizer Stimmbevölkerung im Jahre 2001 der Einführung der Schuldenbremse zugestimmt.
Das Ziel, den nachkommenden Generationen keinen Schuldenberg zu hinterlassen, ist zwar lobenswert, aber nicht getätigte Investitionen belasten die nächste Generation ebenfalls.
Über die Jahre entwickelte sich aus der Schuldenbremse – durch die gesetzlich restriktive Ausarbeitung – ein Turbo-Schuldenabbau-Instrument. Die Nettoschuldenquote ist seit der Einführung der Schuldenbremse massiv gesunken.
Dies ist dem Mechanismus geschuldet: Überschüsse des Bundes – mehr Einnahmen als Ausgaben, beispielsweise durch nicht ausgeschöpfte, aber budgetierte Finanzmittel – dürfen nicht für künftige Budgets genutzt werden, was zu einem systematischen Schuldenabbau führt.
Wirtschaftswachstum wird kaum berücksichtigt
Die Höhe der möglichen Ausgaben orientiert sich so nur am Konjunktur-Faktor und den prognostizierten Einnahmen – das Wirtschaftswachstum wird ungenügend berücksichtigt.
Dadurch entsteht die Gefahr, dass notwendige Investitionen in die Zukunft in die weite Ferne rücken und damit hohe Kosten auf künftige Generationen externalisiert werden.
Damit sei gemeint: Wer heute nicht massiv in die Bekämpfung der Klimakrise oder der sozialen Ungleichheit investiert (was mit der heutigen Schuldenbremse nur schwer möglich ist), der riskiert, unseren Nachkommen eine soziale und ökologische Katastrophe zu hinterlassen.
Zwar hat man dann die Schuldenbremse pflichtbewusst befolgt und eingehalten, aber dem Urziel der Schuldenbremse, einer sicheren und lebenswerten Zukunft für kommende Generationen, wäre trotzdem nicht gedient.
Überschüsse sollten in der Zukunft genutzt werden dürfen
Die SP-Fraktion fordert, dass die Überschüsse der Vergangenheit in der Zukunft genutzt werden dürfen. Eine entsprechende Motion ist noch im Parlament hängig. Des Weiteren fordern wir eine wachstumsorientierte Schuldenbremse, also eine Stabilisierung der Nettoschuldenquote.
Unser pragmatischer Vorschlag: Angehäufte Überschüsse werden für Investitionen in Gleichstellung, Energiewende und die Stärkung der Kaufkraft der Bevölkerung verwendet. In den Folgejahren könnten die Schulden in Einklang mit dem Wirtschaftswachstum stabilisiert werden.
Zur Autorin: Sarah Wyss (SP) ist seit Dezember 2020 Nationalrätin. Zuvor war sie zwischen 2012 und 2021 Mitglied des Grossen Rates Basel-Stadt und zusätzlich zwischen 2019 und 2021 Vize-Präsidentin der dortigen SP-Fraktion.