Simone Richner (FDP): Ein Zeichen gegen den Gebührenwahnsinn in Bern
Am 18. Juni 2023 stimmen wir in der Stadt Bern über die Tariferhöhungen der Anwohnerparkkarten und der Parkiergebühren ab. Ein Gastbeitrag.
Das Wichtigste in Kürze
- Anwohnerparkkarten in Bern sollen um 86 Prozent teurer werden.
- Der Preisüberwacher kritisiert die Erhöhung als «stossend», wie dieser Gastbeitrag zeigt.
- Ein Referendumskomitee sammelt Rekordzahl an Unterschriften gegen das Gebührenreglement.
- Simone Richner ist Berner Stadträtin.
Der Berner Stadtrat hat ein teilrevidiertes Gebührenreglement verabschiedet, welches das Parkieren in der Stadt Bern massiv verteuern wird. Das Reglement sieht vor, dass die Gebühren von Anwohnenden-Parkkarten von aktuell 264 Franken auf neu 492 Franken und damit um satte 86 Prozent erhöht werden. Gleichzeitig sollen die Stundentarife auf gebührenpflichtigen Parkplätzen von 2,20 Franken auf 3,30 Franken erhöht werden – dies entspricht einer Erhöhung um 50 Prozent.
Auch der Preisüberwacher wehrt sich
In einem Schreiben vom 7. September 2021 an die Stadt Bern hat sogar der Preisüberwacher diese Verteuerung von sagenhaften 86 Prozent bei den Anwohnerparkkarten als «stossend» und «missbräuchlich» bezeichnet. Im Zusammenhang mit der Erhöhung bei den Parktickets hat er zudem dringend geraten, für gebührenpflichtige Parkplätze maximal 2,50 Franken zu verlangen – also lediglich 30 Rappen mehr als bisher. Doch sowohl der Gemeinde- als auch der Stadtrat halten an der massiv höheren Gebühr für die Anwohnenden-Parkkarte und an der Erhöhung des Stundentarifs fest. Damit setzen sie sich über die Rüge des Preisüberwachers hinweg.
Unverhältnismässige Gebührenerhöhung zur Unzeit
Bei der Anwohnerparkkarte sind insbesondere die Familien mit Kindern, Gwärbler sowie Senioren und Schichtarbeiter, die sich keinen privaten Einstellhallenplatz leisten können, jedoch auf ein Auto angewiesen sind, von der unverhältnismässigen Erhöhung betroffen. Bei den Parktickets sind die Betroffenen die Besucherinnen und Besucher von Anwohnenden, Gastrobetrieben und anderen Institutionen in der Stadt Bern, aber auch Handwerkerinnen und Handwerker mit ihren Servicefahrzeugen sowie die Kundinnen und Kunden von Geschäften, denen weiterhin ein Parkieren zu vernünftigen Gebühren ermöglicht werden muss.
Alle sollen etwas für das Parkieren bezahlen. Die verlangten Gebühren müssen jedoch angemessen bleiben, was sie mit 3,30 Franken pro Stunde (79,20 Franken für 24 Stunden) beim Parkticket oder mit der Preissteigerung von 86 Prozent bei der Anwohnerparkkarte klar nicht mehr sind. Die übermässige Preiserhöhung kommt ausserdem zu einem Zeitpunkt, in dem Wenigverdienende, Mittelstand und Gewerbe mit den Auswirkungen der aktuellen Teuerung (Lebensmittel, Krankenkassenprämien und Energiekosten) ohnehin zu kämpfen haben, das ist unfair.
Mehr bezahlen für weniger Leistung
Die starke Erhöhung der Gebühren bedeutet in diesem Fall nichts anderes als eine verkappte zusätzliche Steuer zur Äufnung der klammen Stadtkasse. Sie sprengt das Ausmass dessen, was noch als Gebühr für eine Leistung des Gemeinwesens (Bereitstellung von Parkraum) bezeichnet werden kann. Für «Gebühren» in dieser Höhe fehlt es schlicht an einer genügenden Gegenleistung der Stadt. Zumal die Stadt Bern auch weiterhin bestrebt ist, die Anzahl Parkplätze unerbittlich zu reduzieren.
Willkürlich herbeigerechnete und also nicht direkt mit der Parkraumbereitstellung zusammenhängende Kosten wie zum Beispiel Stau- oder Unfallkosten dürfen den Parkierenden nicht nochmals belastet werden, da sie diese bereits via Motorfahrzeugsteuern, Haftpflichtversicherungsprämien und Zeitverlust zu 100 Prozent selber tragen.
Rekordhohe Zahl
Das Referendumskomitee, bestehend aus FDP, Jungfreisinn, Die Mitte und SVP hat nun gegen diese Beschlüsse erfolgreich das Doppelreferendum ergriffen. Nach nur drei Wochen konnte das Komitee bereits die benötigte Anzahl von 1500 Unterschriften bei beiden Referenden verzeichnen. Bei der Einreichung konnten der Stadt je 3000 Unterschriften übergeben werden – noch für kein anderes Referendum wurden in der Stadt Bern derart viele Unterschriften gesammelt. Die Stadtbernerinnen und Stadtberner haben so die Chance, ein Zeichen gegen unsoziale, unverhältnismässige Gebühren zu setzen, in dem sie am 18. Juni zwei Mal NEIN zum Gebührenreglement in die Urne legen.