Tobias Vögeli (Jung-GLP) fordert mehr Freiheit für Wildtiere

Tobias Vögeli
Tobias Vögeli

Bern,

Matthias Müller von den Jungfreisinnigen behauptet, das neue Jagdgesetz stärke den Tierschutz. Tobias Vögeli, Co-Präsi der Jungen Grünliberalen, wehrt sich.

Tobias Vögeli
Tobias Vögeli (24) ist Co-Präsident der Jungen Grünliberalen Schweiz. - https://www.tobias-voegeli.ch/

Das Wichtigste in Kürze

  • Tobias Vögeli von der Jungen GLP wehrt sich gegen die Aussagen von Matthias Müller.
  • Das neue Jagdgesetz vereinfache den Abschuss von bereits geschützten Arten.
  • Warum der Jungfreisinnige «dem Staat die Hänkerlizenz erteilt», sei für Vögeli unklar.

Vor zwei Wochen hat der Präsident der Jungfreisinnigen, Matthias Müller, auf Nau.ch behauptet, das neue Jagdgesetz stärke den Tier-, Natur- und Artenschutz. Doch genau das Gegenteil ist der Fall – eine Replik.

Matthias Müller
Matthias Müller, Präsident der Jungfreisinnigen Schweiz. - keystone

Das aktuell gültige Bundesgesetz über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (kurz Jagdgesetz) erlaubt leider immer noch den Abschuss von bedrohten Tierarten der roten Liste. So wurden im letzten Jahre gemäss Jagdstatistik 1'669 Feldhasen, 383 Birkhähne, 247 Schneehühner und 1'819 Waldschnepfen erlegt.

Das ist ein regelrechter Skandal, denn alle diese Arten sind bedroht und bräuchten eigentlich Schutz. Enttäuschenderweise werden im neuen Jagdgesetz diese Arten trotz sinkendem Bestand nicht geschützt. Stattdessen wurde das Gesetz so umgeschrieben, das der Abschuss von bereits geschützten Arten in Zukunft generell vereinfacht wird.

Grund: Tier kann potenziell Schaden anrichten

Abschüsse von geschützten Arten sind bereits heute in Einzelfällen möglich: Etwa wenn ein Bär die Scheu vor Menschen verliert oder ein Wolf trotz Herdenschutzmassnahmen Nutztiere reisst. Das Grundprinzip ist jedoch, dass ein effektiver Schaden durch ein geschütztes Tier wie der Wolf nachgewiesen werden kann. Im neuen Gesetz soll nun dieses Prinzip gekippt werden. Neu soll es für einen Abschuss schon ausreichen, dass ein Tier potenziell Schaden anrichten kann.

Wolf
Ein Wolf steht in einem Wildpark-Gehege. - dpa

Damit könnte man etwa Wölfe präventiv abschiessen mit dem Argument, sie könnten ja Schaden anrichten. So gibt es neu einen ganzen Artikel für die «Regulierung von geschützten Arten». «Regulieren» heisst jedoch nichts anderes als: Abschiessen. Ehrlicherweise hätte man den Artikel «Abschüsse von geschützten Arten» nennen sollen. Zudem impliziert der neue Artikel, dass gewisse Tiere eigentlich gar nicht in die Natur gehörten. Diese Vermutung untermauern auch kantonale Vorstösse. So wurde in Bern eine Motion eingereicht, in der ganz direkt gesagt wird: «Lebensraum für Wolfsrudel ist in der Schweiz nicht mehr vorhanden.» Das ist Quatsch. Wo bitte gehören die Tiere sonst hin, wenn nicht in die Natur?

Theoretische Gefahr eines Tieres genügt

Zum anderen ist die neue Regelung aber auch ein Angriff auf harmlose Wildtiere, die dem Mensch gerade ein bisschen im Weg sind. So können, wenn das Gesetz vom Volk angenommen wird, auch Höckerschwäne geschossen werden. Nicht, dass Schwäne aktuell Probleme verursachen. Aber «sie könnten ja mal Probleme verursachen», meinen die Befürworter. Die theoretische Gefahr genügt anscheinend, um auch gefährdete Arten zu erschiessen.

Eine solche Haltung hat weder mit Respekt, noch mit Tier-, Natur- oder Artenschutz etwas zu tun. Das ist in etwa so, wie wenn man alle Männer präventiv inhaftieren würde, weil die meisten Gewaltverbrecher Männer sind. Und theoretisch könnten ja alle Männer Gewaltverbrechen begehen.

jagdgesetz
Das Jagdgesetz wurde vergangenen September vom Stimmvolk abgelehnt. - Keystone

Das neue Gesetz ermöglicht es dem Bundesrat, neben den Schwänen, auch noch weitere Tiere zum generellen und präventiven Abschuss freizugeben. Aber das Gesetz lockert nicht nur die Regelungen für den Abschuss von Tieren, er schränkt auch die Beschwerdemöglichkeiten ein.

Allianz gegen das missratene Gesetz

Das Jagdgesetz ist damit ein unverhältnismässiges Abschussgesetz, welches mit dem Zusammenleben von Mensch und Tier nur noch am Rande zu tun hat. Entsprechend breit ist die Allianz gegen das missratene Gesetz: Neben sämtlichen Tier- und Naturschutzverbände sind auch Vertreterinnen und Vertreter aus allen Parteien, von SVP bis SP, im Gegenkomitee.

Wieso der Jungfreisinn, der sonst so vehement für Freiheit und weniger Staat einsteht, nun von der Freiheit der Wildtiere nichts wissen will, und dem Staat die Hänkerlizenz erteilt, ist unverständlich. Liberal ist das Demontieren der Artenvielfalt und damit das Zerstören der Lebensgrundlage uns aller sicher nicht.

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