Vermögensungleichheit: Wie steht der Kanton Bern da?
Im Kanton Bern sind Vermögen und Einkommen ungleich verteilt. Dies habe negative soziale und wirtschaftliche Folgen. Ein Gastbeitrag von Raed Hartmann (JA!)
Das Wichtigste in Kürze
- Raed Hartmann (JA!) kandidiert für den Grossen Rat im Kanton Bern.
- Im seinem Gastbeitrag geht es um die Problematik von Lohnungleichheit.
- Die Grossratswahlen im Kanton Bern finden am 27. März statt.
Wer sich für die Ermittlung von Vermögensunterschieden interessiert, kommt um den Gini-Koeffizienten nicht herum. Dieser Indikator beziffert die Kapital- oder Einkommensunterschiede in einer gewissen Region. Er kann einen Wert von 0 bis 100 annehmen: 0 stellt eine vollkommene Gleichheit des Vermögens, 100 eine vollkommene Ungleichheit zwischen den untersuchten Personen dar.
Das Amt für Umwelt und Energie des Kantons Bern hat, basierend auf Steuerdaten in einem Gemeindevergleich, für den Kanton Bern errechnet, dass der durchschnittliche Gini-Koeffizient der Gemeinden Berns im Jahre 2019 bei 71 liegt. In der Stadt Bern wurde ein Wert von 85 errechnet.
Dies zeigt auf, wie ungleich im gesamten Kanton sowie in der Stadt Bern Vermögen verteilt ist. Was bedeutet das nun im internationalen Vergleich? Steht der Kanton Bern damit im Mittelfeld oder müsste er sich mit diesen Werten doch politisch hinterfragen, wie es der Wert von 71 respektive 85 andeutet?
Fast ein Viertel der Schweizer Bevölkerung verfügt über keinerlei Vermögen
Statistische Vergleiche können, trotz unterschiedlicher Erhebungsmethoden, immerhin gewisse Anhaltspunkte geben. In Bezug auf die Stadt Bern heisst das beispielsweise: Wäre die Stadt Bern ein Land, würde sie mit einem Gini-Koeffizienten von 85 zu den 25 vermögensungleichsten Ländern der Welt zählen.
Auch schweizweit lassen sich stutzig machende Zahlen beobachten. Diejenigen, die hierzulande 1 CHF als Vermögen in der Steuererklärung deklarieren können, haben ein höheres Vermögen, als 23 % aller Steuerzahler*innen.
Fast ein Viertel der Schweizer Bevölkerung verfügt somit über keinerlei Vermögen. Als Vergleich: Mit einem Vermögen von 35'000 CHF würde man zu den reichsten 50 % gehören. Um zum reichsten Prozent der Schweizer*innen zu gehören, braucht man ein Vermögen von 4'150'000 CHF.
Die Ungleichheit nimmt zu
Grundsätzlich problematisch ist, dass in der Schweiz die Vermögensungleichheit in den letzten 30 Jahren zugenommen hat. Während das Vermögen der grossen Mehrheit der Steuerzahler*innen in der Schweiz abgenommen hat, konnten die reichsten 5% beachtlich zulegen. Verschiedene Mechanismen sind für die Zunahme der Vermögensungleichheit verantwortlich.
Vermögende Menschen profitieren beispielsweise häufiger und zu einem grösseren Ausmass von Erbschaften und Schenkungen. Da die Wohneigentumsquote in der Schweiz bei nur etwa 38% liegt, konnten erneut vor allem reiche Leute von den steigenden Liegenschaftspreisen profitieren.
Covidkrise hat die Vermögensungleichheit verschlimmert
Diese und weitere Gründe, die zu einer Dynamik der Reichtumskonzentration führen, haben zur Folge, dass eine Steigerung des Vermögens immer weniger mit den eigenen Leistungen zusammenhängt. Der Traum von der Tellerwäscher*in zur/zum Millionär*in wird immer mehr zur Mär.
Die Covidkrise hat die Vermögensungleichheit im Kanton Bern, aber auch schweizweit, noch weiter verschärft. So sind gemäss einer 2021 erschienenen Studie der ETH Zürich die Ersparnisse bei den Haushalten mit tiefen Einkommen gesunken.
Nur 11 % der Haushalte mit Einkommen unter 4'000 CHF hatten Anfang 2021 mehr Ersparnisse als ein Jahr zuvor. Bei Personen mit hohem Einkommen ist die Situation umgekehrt. Nur 11 % gaben an, weniger Ersparnisse zu haben als im Jahr zuvor.
Welche Folgen hat diese Ungleichheit?
Ungleichheit kann aus ethischen und moralischen Prinzipien angeprangert werden. Sie ist zusätzlich jedoch auch aus wirtschaftlichen Gründen problematisch. So wird von Forschenden argumentiert, dass durch eine hohe Ungleichheit das Wirtschaftswachstum gehemmt wird oder auch das BIP negativ beeinflusst wird. Zudem sinke bei einer Vermögenskonzentration der Gesamtkonsum, was als schädlich angesehen wird.
Wichtig sind auch die ökologischen Schäden, die durch Ungleichheit entstehen. Hohes Einkommen und Vermögen hängen mit einem höheren ökologischen Fussabdruck zusammen. So konnte bereits in einem 2016 erschienen Policy Brief gezeigt werden, dass wohlhabendere Menschen einen markant höheren CO₂-Fussabdruck verursachen als ärmere.
Auch eine kürzlich erschienene Studie von Oxfam zeichnet dieses Bild. So schätzen die Autor*innen der Studie, dass im Jahre 2030 die reichsten 1 % der Menschheit für 16 % der globalen Emissionen verantwortlich sein werden.
Was lässt sich gegen die zunehmende Vermögensungleichheit tun?
Am 27. März sind Grossratswahlen im Kanton Bern. Die Junge Alternative JA! (Junge Grüne Stadt Bern) setzt sich mithilfe ihrer Stimme dafür ein, dass die Spitzenvermögenden durch progressive Steuern mehr Steuern zahlen sollen und so auf eine wirksame Art und Weise die schädliche und ungerechte Vermögensungleichheit bekämpft werden kann!
Zum Autor:
Raed Hartmann (er/ihm) studiert Sozialwissenschaften (mit Fokus auf Politikwissenschaften) und Nachhaltige Entwicklung an der Universität Bern. Er ist aktives JA!-Mitglied und kandidiert zusammen mit 18 anderen engagierten jungen Menschen für die Liste 3: Junge Alternative JA! (Junge Grüne Stadt Bern) für die Grossratswahlen im Kanton Bern.