Bald Sojawürstchen statt Bratwurst am Schwingfest?
Das hauptsächlich fleischfreie Gastrokonzept der Olympischen Spiele inspiriert Nau.ch-Kolumnistin Mirjam Walser zu einem waghalsigen Vorschlag für die Schweiz.
Das Wichtigste in Kürze
- Bei den Olympischen Spielen in Paris ist die Verpflegung vorwiegend vegetarisch und vegan.
- Dies inspiriert Mirjam Walser zu einem waghalsigen Vorschlag für Schweizer Sportevents.
- Mirjam Walser schreibt auf Nau.ch regelmässig zum Thema Veganismus.
15'000 Athleten, 45'000 Freiwillige und 26'000 Medienleute: So viele Menschen müssen während der Olympischen Spiele in Paris verpflegt werden. Rund 13 Millionen Mahlzeiten sind für diese Zeit eingeplant – eine Mammutaufgabe für das Olympische Organisationskomitee.
Es geht dabei nicht nur um die schiere Menge von Lebensmitteln. Die Athleten müssen mit nahrhaftem Essen und vielen Proteinen versorgt werden.
Wer nun denkt, es stünde viel Fleisch, Fisch und Eier auf dem Menü, wird sich wundern. Denn die Gastgeberstadt hat eine andere Vorstellung von protein- und energiereicher Ernährung.
60 Prozent der Mahlzeiten sind vegetarisch, die Hälfte davon vegan. Diese Massnahme soll dazu beitragen, den ökologischen Fussabdruck der Spiele um etwa die Hälfte zu reduzieren.
Das progressive Gastronomiekonzept der Organisatoren von Olympia überrascht. Noch überraschender ist jedoch: Kaum jemanden stört es, dass die Mahlzeiten hauptsächlich fleischfrei oder sogar vegan sind.
Man stelle sich vor, es gäbe bei der Leichtathletik-WM in der Schweiz hauptsächlich Broccoli-Burger und Salat. Oder noch schlimmer: Beim Eidgenössischen Schwingfest gäbe es statt Bratwurst nur Sojawürstchen. Ein Skandal!
Wer meint, dass Schwingen und Olympia nicht miteinander vergleichbar sind, weil Schwinger «echte Kraftpakete» sind und deshalb Fleisch essen müssen, sollte sich die Leistungen des US-Gewichthebers und zweifachen Olympiateilnehmers Kendrick Farris ansehen: Er stemmt bis zu 209 Kilogramm – und das, obwohl er sich komplett pflanzlich ernährt.
Auch die brasilianische Gewichtheberin Amanda Scott zeigt, wie viel Kraft man durch eine rein pflanzliche Ernährung aufbauen kann.
Vegan und vegetarisch auch für die Zuschauer
Bei Olympia werden aber nicht nur die Athleten hauptsächlich fleischfrei versorgt. Für die Zuschauer gibt es ebenfalls überwiegend vegane und vegetarische Gerichte zur Auswahl. Auch hier werden in Paris neue Wege beschritten.
Denn bei Sportgrossanlässen ist das Gastronomieangebot meist weder umweltfreundlich noch gesund. Oft wird eine riesige Menge an Wurst und Burgern konsumiert. Beispielsweise verspeisen die Zuschauer laut Organisatoren beim Eidgenössischen Schwingfest rund 55'000 Bratwürste.
Dabei liesse sich gerade bei der Verpflegung des Publikums viel für die Umwelt und die Tiere tun: Denn für das ausgiebige Sitzen auf der Tribüne sind tierische Proteine nicht notwendig. Die Wurst soll einfach gut schmecken und dies geht mittlerweile auch mit einer knackig gegrillten pflanzlichen Bratwurst aus Seitan oder Erbsenprotein – und wer will, mit etwas Senf dazu.
Olympia als Vorbild für die Schweiz
Olympia möchte inspirieren, sowohl sportlich als auch gastronomisch: «Paris 2024 will die Gelegenheit nutzen, eine neue Art der Gastronomie in den Stadien und bei Sportveranstaltungen aufzuzeigen», heisst es auf der offiziellen Webseite.
Schweizer Organisatoren von Sportgrossveranstaltungen wie dem Eidgenössischen Schwingfest könnten sich davon durchaus inspirieren lassen und bei der Ernährung nicht nur für das leibliche Wohl der Sportler und Gäste sorgen, sondern auch für das der Umwelt – und der Tiere.
Noch ist Zeit, ein neuartiges Gastrokonzept zu entwerfen. Das Siegermuni des Schwingfestes hätte bestimmt auch nichts dagegen.
Zur Person: Mirjam Walser (38) schreibt auf Nau.ch regelmässig zum Thema Veganismus. Als Gründerin der Vegan Business School ist sie Expertin für veganes Unternehmertum und vegane Innovationen.