Pilze sammeln boomt - Kontrollstellen hingegen schwinden
Obwohl Pilzfanatiker weiter munter den Wald durchforsten, schwinden die dazugehörigen Kontrollstellen rasant. In der Schweiz bleiben nur noch 350 bestehen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Pilz-Kontrollstellen in der Schweiz werden immer weniger.
- Schweizweit gibt es nur noch 350 Kontrollstellen und die Zahl sinkt stetig.
- Der Mangel an Fachpersonal führt zu grossen Risiken beim Pilzgenuss.
In Sachen Pilzsammeln hat die Schweiz ein Problem. Anders als es eine bekannte Redensart will, schiessen Kontrollstellen für Sammler derzeit eben nicht wie Pilze aus dem Boden. Ganz im Gegenteil: Die Zahl der Pilzkontrollstellen nimmt jährlich ab.
Bis zu 20 oder 30 Stellen weniger seien es jedes Jahr, erklärt Marionna Schlatter von der Vereinigung der amtlichen Pilzkontrollorgane. Der aktuelle Stand liegt bei rund 350 Kontrollstellen in der ganzen Schweiz.
Die Ironie dabei: Zeitgleich streifen immer mehr Sammler mit ihren Körben durch die Schweizer Wälder. Denn gerade die warmen Sommer sorgen im Herbst jeweils für eine einträgliche Sammelsaison.
Vergiftungen nehmen zu
Hand in Hand mit den steigenden Sammlerzahlen steigen auch die Vergiftungszahlen. Denn viele Amateure sind sich den Gefahren der Pilzwelt gar nicht bewusst, wie die Schweizerische Vereinigung amtlicher Pilzkontrollorgane VAPKO feststellt.
«Es hat immer mehr Leute, die Pilze sammeln gehen. Wir haben steigende Besuche in den Kontrollstellen, gleichzeitig aber auch mehr Vergiftungsfälle», erklärt Sprecherin Marionna Schlatter.
«Viele Leute wissen gar nicht, dass es die Kontrollen gibt, ausserdem unterschätzen viele Leute das Vergiftungsrisiko.» Bei den meisten Pilzarten sei ein Verzehr bedenklicher als man sich vorstellen kann. Laut Schlatter wissen viele Sammler gar nicht, was eine solche Vergiftung mit sich bringen kann.
«Jeder Pilz hat seinen eigenen Giftcocktail, Magendarm-Beschwerden sind noch harmlos. Es kann zu Organversagen und Muskelzersetzungen führen», so Schlatter, welche die Grünen im Kanton Zürich präsidiert.
«Manche Pilze beinhalten sogar Nervengift.» Schlatter betont ausdrücklich, dass «es nichts gibt, was es nicht gibt, deshalb darf man das Risiko nicht unterschätzen.»
Politik ist gefordert
Die rasante Abnahme der Kontrollstellen ist eng verbunden mit der Auflösung eines Gesetzes im Jahr 2002. Davor musste jeder Kanton sicherstellen, dass es den Sammlern möglich ist, ihre Funde kontrollieren zu lassen. Nachdem das Gesetz vor zwei Jahrzehnten verschwunden ist, beginnen nun auch die Kontrollstellen zu verschwinden.
«Aus meiner Sicht ist das Ganze eine tickende Zeitbombe. Die Kosten von solchen Kontrollstellen sind sehr gering, hingegen die Kosten einer Behandlung sehr hoch.», so Schlatter. Doch das Gesetz verpflichtet die Menschen, aus Eigenverantwortung zu handeln.
Laut Schlatter ein grosses Problem. «Es braucht wieder eine rechtliche Regelung. Momentan funktioniert die Freiwilligkeit zwar recht gut. Aber es gibt so viele Unfälle, bei denen man nicht mit Eigenverantwortung argumentieren kann.»