Aldi schafft kostenlose dünne Plastikbeutel für Obst und Gemüse ab
Aldi schafft die kostenlosen dünnen Beutel für Obst und Gemüse ab und bietet ab Sommer stattdessen Tüten aus nachwachsenden Rohstoffen für einen Cent an. Die Bepreisung der herkömmlichen Plastiktüte habe «Verbraucher sichtlich zum Umdenken bewegt» und dieses Prinzip solle nun auch bei den Knotenbeuteln verfolgt werden, erklärte der Discounter.
Das Wichtigste in Kürze
- Umweltschützer und Kette Edeka äussern Zweifel an Wirkung der Massnahme.
Umweltschützer sowie Konkurrent Edeka äusserten Zweifel an der Wirkung.
Alle Filialen von Aldi Nord und Aldi Süd bieten ab Sommer neue Obst- und Gemüsebeutel aus einem nachwachsenden Rohstoff an, der bei der Zuckerrohrproduktion anfällt, wie das Unternehmen am Dienstag mitteilte. Dünne Beutel in dieser Variante gibt es zum Beispiel auch beim Einzelhändler Tegut. Entsorgt werden die Tüten wie üblicher Kunststoff über die gelbe Tonne, sie können recycelt werden.
Jüngsten Zahlen des Bundesumweltministeriums zufolge wurden im vergangenen Jahr in Deutschland mehr als drei Milliarden der sogenannten Knoten- oder Hemdchenbeutel verbraucht. Das entspricht im Schnitt 37 Stück pro Verbraucher. Grund ist unter anderem, dass Kunden ihre Einkäufe in die kostenlosen Knotenbeutel packen, seitdem Kunststoff-Tragetaschen kostenpflichtig sind.
Aldi hofft nun, dass sich bei den Beuteln für Obst und Gemüse ein ähnlicher Erfolg einstellt wie bei den herkömmlichen Plastiktüten, deren Verbrauch in den vergangenen Jahren drastisch zurückging. «Die Zahlen bestätigen, dass die Bepreisung der Plastiktaschen Verbraucher sichtlich zum Umdenken bewegt hat», sagte Kristina Bell, zuständig für Qualitätssicherung und Unternehmensverantwortung bei Aldi.
Dazu sagte die FDP-Umweltexpertin Judith Skudelny AFP, wenn «wenige Cent reichen, damit sich die Menschen nachhaltiger verhalten», dann sei das ein guter Weg. Zugleich warnte sie vor dem «unbedachten Einsatz von Alternativen». Zuckerrohr komme derzeit vor allem aus Brasilien, Indien und China. «Steigern wir die Nachfrage nach Zuckerrohr, verändern wir die Landnutzung vor Ort und fördern indirekt Regenwaldabholzung und Artensterben.»
Aldi will ausserdem - ähnlich wie es bereits andere Einzelhändler tun - ab Herbst waschbare wiederverwendbare Mehrwegnetze anbieten. Was die Knotenbeutel aus Plastik angeht, wünscht sich Aldi, dass sich andere Händler anschliessen. «Wir würden uns freuen, wenn andere Händler mitziehen.» Denn nur durch eine branchenweite Lösung könne ein «Schritt nach vorne» gelingen.
Die Kette Real hatte bereits im Februar angekündigt, bis Ende 2020 die Plastikbeutel in den Obst- und Gemüseabteilungen abzuschaffen. Ersetzt werden sollen sie durch Papiertüten oder die Mehrwegnetze, die es bereits jetzt in den Märkten zu kaufen gibt.
Die Supermarktkette Rewe verwies ebenfalls auf die Mehrwegfrischenetze als Alternative, die es seit Oktober in allen Rewe-Märkten und seit April dieses Jahres bei Penny gibt. Das Angebot werde von den Kunden «gut angenommen».
Edeka gab auf AFP-Anfrage zu bedenken, dass es beim Discounter an sich wenig lose Ware gebe - die meisten Artikel seien in Plastik verpackt oder hätten Stückpreise. Die Knotenbeutel hätten beim Discounter generell «kaum Bedeutung». Ausserdem lasse sich Aldi den Beutel künftig bezahlen und verdiene daran. «Ob es wirklich zu einem veränderten Verbraucherverhalten aufgrund der ein Cent kommen wird, ist dabei mehr als fragwürdig.»
Die Deutsche Umwelthilfe sprach von «Symbolpolitik» und «Effekthascherei». Um den massenhaften Verbrauch der Tüten wirklich zu stoppen, müssten die Beutel «mindestens 22 Cent kosten», erklärte die Organisation.