Arbeitgeberverband: «Lohnforderungen über alle Branchen unrealistisch»
Der Arbeitgeberverband erteilt den allgemeinen Lohnforderungen der Gewerkschaften von drei Prozent eine Abfuhr. Erhöhung liegen teilweise jedoch durchaus drin.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Gewerkschaften fordern eine generelle Lohnerhöhung von mindestens drei Prozent.
- Pauschal sei dies über alle Branchen und Firmen unrealistisch, so der Arbeitgeberverband.
- Viele Unternehmen hätten jedoch bereits Erhöhungen beschlossen.
Der Dachorganisation der Gewerkschaften Travail Suisse stellt für die Lohnrunde 2023 klare Forderungen: Eine generelle Lohnerhöhung von mindestens 3 Prozent sei für alle Arbeitnehmenden zwingend.
Dies reiche gerade mal aus, um die Teuerung auszugleichen und somit die Kaufkraft zu erhalten. Je nach Branche brauche es aber darüber hinaus zusätzliche Lohnerhöhungen, teilweise von bis zu 2 Prozent.
Der Schweizer Arbeitgeberverband SAV erteilt diesen Forderungen jedoch eine Abfuhr: «Für den Arbeitgeberverband sind die Lohnforderungen über alle Branchen und Unternehmen hinweg unrealistisch», sagt Mediensprecher Andy Müller auf Anfrage von Nau.ch.
Fachkräftemangel führt vielfach zu mehr Lohn
Das heisst allerdings nicht, dass nun alle Arbeitnehmenden leer ausgehen. Im sogenannten Lohnherbst werde jedes Unternehmen selbst entscheiden, ob Lohnerhöhungen möglich sind. «Einige Unternehmen, aber auch Branchen wie beispielsweise die Gastronomie, haben bereits Lohnerhöhungen beschlossen», so Müller weiter.
Angesichts des Fachkräftemangels geht der SAV gemäss Müller davon aus, dass viele Unternehmen die Löhne anheben werden. Doch die wirtschaftliche Lage erlaube dies nicht in allen Branchen und Firmen.
«Nicht wenige Unternehmen haben in der Pandemie von ihren Reserven gelebt. Die Konjunkturaussichten haben sich eingetrübt. Wir stehen vor einer möglichen Energie-Mangellage im Winter. Es wäre nicht vernünftig, jetzt mit der grossen Kelle anzurichten», warnt Müller.
Auch Branchenverband Swissmem dämpft Erwartungen
Im Rahmen der Medienkonferenz am Montag stellte die Gewerkschaft Syna auch branchenspezifische Forderungen. Für die Maschinen, Elektro- und Metall-Industrie (MEM-Industrie) sei neben dem Erhalt der Kaufkraft eine Lohnerhöhung von 1,5 Prozent angebracht.
Der Branchenverband Swissmem gebe keine Empfehlungen ab, da die Branche sehr heterogen sei, sagt Sprecher Ivo Zimmermann auf Anfrage. Er dämpft allerdings die Erwartungen ebenfalls.
Swissmem warnt vor Lohn-Preis-Spirale
Swissmem habe Verständnis dafür, dass die Inflation die Bevölkerung verunsichere, auch wenn sie in der Schweiz eher moderat ausfalle. «In dieser Situation darf es gesamtwirtschaftlich gesehen keine übermässigen Lohnerhöhungen geben, weil sie die Inflation erst recht anheizen würden.»
Zimmermann erklärt die Sorgen des Verbands: «Übermässige Lohnerhöhungen in allen Unternehmen würden erhebliche Mehrkosten verursachen. Diese werden über kurz oder lang auf die Kunden überwälzt – die Preise steigen weiter. Es droht die Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale oder sogar einer Stagflation.»
Verhandlungen im Baugewerbe im Gang
Im Baugewerbe fordert die Gewerkschaft den vollen Ausgleich der Teuerung und zusätzlich eine Reallohnerhöhung von 200 Franken. Die Büezer seien nach zwei Jahren ohne Erhöhung im Rahmen des Gesamtarbeitsvertrages (GAV) nicht mehr bereit, eine weitere Nullrunde hinzunehmen.
«Für 2022 hatten die Sozialpartner keine Lohnerhöhung vereinbart», bestätigt Matthias Engel, Mediensprecher des Schweizerischen Baumeisterverbands (SBV). «Dennoch haben die Unternehmer des Bauhauptgewerbes die Löhne im Durchschnitt um 1.5 Prozent erhöht, um die Leistung der guten Arbeitskräfte zu honorieren.»
Wegen der laufenden GAV-Verhandlungen könne der SBV keine spezifischen Aussagen zu 2023 machen. Doch das Schweizer Bauhauptgewerbe zahle mit Abstand die höchsten Mindestlöhne für Handwerker, betont Engel.