Bauindustrie kämpft mit steigenden Materialpreisen und Engpässen

Keystone-SDA
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Zürich,

Die Bauindustrie läuft auf Hochtouren, nicht nur in der Schweiz. Steigende Materialpreise und Knappheit bei Holz, Stahl und Kunststoffen können zu Verzögerungen führen und bringen die Margen der Unternehmen unter Druck.

Ein Arbeiter baut in einem Werk ein Getriebe zusammen. Auch im Handel und am Bau fiel das Ifo-Geschäftsklima. In der Industrie hellte sich die Stimmung hingegen auf. Foto: Felix Kästle/dpa
Ein Arbeiter baut in einem Werk ein Getriebe zusammen. Auch im Handel und am Bau fiel das Ifo-Geschäftsklima. In der Industrie hellte sich die Stimmung hingegen auf. Foto: Felix Kästle/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Zu Wochenbeginn erschallte vom Verband der Fenster- und Fassadenbauer ein regelrechter Hilferuf.

Die stark und rasch gestiegenen Materialpreise für Aluminium, Glas und Energie würden viele Firmen ernsthaft gefährden. Verbunden war dies mit einem Appell an die Kunden, die Preiserhöhungen mitzutragen.

Bereits Anfang April hatte der Schweizer Baumeisterverband (SBV) auf die «erheblichen Teuerungszuschläge» auf gewissen Baumaterialien hingewiesen. Betroffen sind dabei vor allem Produkte, deren Rohstoffe auf Erdöl und Stahl basieren.

So sei der Ölpreis auf rund 70 Dollar gestiegen, von 20 Dollar im Tief 2020, und bleibe auch weiter volatil. Dazu tragen einerseits eingeschränkte Fördermengen und Transportkapazitäten bei, andererseits die unsteten Konjunkturerwartungen.

Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Stahl. Auch hier wurden die Hochöfen in der Krise heruntergefahren. Die schnelle Erholung der chinesischen Wirtschaft - und nun auch mit Zeitverzögerungen in der Autoindustrie - haben zu einem Nachfrageüberhang gesorgt und vor allem bei Spezialstählen oder Edelstahl die Preise steigen lassen. Hier wird von Experten beim Wiederanfahren der Stahlproduktion mit einer vergleichsweise schnellen Normalisierung gerechnet.

Hartnäckiger könnten demgegenüber Lieferengpässe beim Holz sein. Der Präsident des Branchenverbands Holzbau Schweiz, Hansjörg Steiner, verwies zuletzt in einem Beitrag von SRF auf die coronabedingten Lieferengpässe, den Holzbauboom in den USA und die hohe Nachfrage aus China. Laut Steiner würden einige Firmen inzwischen Massnahmen wie Kurzarbeit erwägen, weil sie schlicht kein Material zum Bauen hätten.

Dass die Nachfrage nach Holz weiterhin hoch bleiben wird, davon geht auch ein Sprecher von Implenia aus. Kurzfristig könnte sich die Lage sogar weiter verschärfen. Durch eine enge Zusammenarbeit mit den Lieferanten und durch gute Organisation der Bauabläufe habe man jedoch bislang bei den eigenen Holzbauprojekten Verzögerungen grösstenteils verhindern können. Neben Holz seien auch bei den Warengruppen Dämmstoffe, Polyethylen, Polypropylen und Lacke Probleme auf dem Markt aufgetreten.

Auch der SBV weist darauf hin, dass man derzeit keine Kenntnis von Baustellen habe, die wegen Materialengpässen geschlossen werden mussten. Auch sei nicht bekannt, dass einzelne Bauprodukte nicht geliefert werden. Vereinzelt komme es aber zu Lieferverzögerungen.

Laut einem Branchenexperten würden die hohen Preise teilweise auch durch eine künstliche Verknappung noch verstärkt. «Die Lieferanten halten in ihren Lager gerne noch Bestand, wenn sie davon ausgehen, dass sie in einigen Wochen mehr dafür bekommen.»

Preisschwankungen bei Materialien sind in der Bauindustrie kein neues Phänomen. So verweist der SBV etwa auf die hohen Stahlpreise im Jahr 2008. Damals habe die Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschaftsorgane der öffentlichen Bauherren (KBOB) empfohlen, die Mehrkosten infolge ausserordentlicher Preisänderungen abzugelten. Diese Lösung habe sich bewährt und sei auch in der aktuellen Situation empfehlenswert.

Inwieweit die hohen Materialpreise auf die Margen der Unternehmen drücken, ist von mehreren Faktoren abhängig. Dabei spielt etwa der Materialanteil am Umsatz eine Rolle, der Zeitraum zwischen Kalkulation, Vertragsabschluss und Materialbestellung und ob ein Festpreis vereinbart wurde. Bei Werkverträgen ohne Teuerungsausschluss kann der Baumeister den Teuerungszuschlag zumeist abwälzen.

Aber auch bei Festpreisen sind die Unternehmen nicht völlig hilflos. So kennt das Obligationenrecht das Kriterium, dass ein erhebliches Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung entstehen kann. Das ist etwa dann erfüllt, wenn die Einhaltung des vereinbarten Werklohnes gegen Treu und Glauben verstossen würde.

Doch nicht alle Baubereiche sind gleichermassen betroffen. So sieht etwa Burkhalter-Chef Marco Syfrig derzeit keine Probleme. «Materialknappheit ist bei uns noch nicht angekommen», sagte Syfrig. «Wir bekommen aber die Angst zu spüren, dass es kommt.»

Man habe sich im Einkauf entsprechend vorbereitet. «Den höheren Kupferpreis spüren auch wir. Wir haben aber ein breites Netz an Zulieferern und wir sehen keine Lieferengpässe», sagte der CEO des Elektroinstallationsunternehmens. Auch sei die Weitergabe der höheren Preise kein Thema. «Wir haben in der Regel eine Zeitdifferenz von einem Monat zwischen Vertragsabschluss und Ausführung.»

Ob sich die hohen Materialpreise als Strohfeuer erweisen oder Bestand haben werden, wird sich in den kommenden Monaten weisen. Nur eins ist sicher: Die Kosten für die Bauherren dürften steigen.

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