Darum übernimmt die SNB die Corona-Schulden nicht
Die Schweizerische Nationalbank sitzt auf einem riesigen Vermögen. Trotzdem kann sie die Corona-Schulden nicht übernehmen.
Das Wichtigste in Kürze
- Bis 50 Milliarden Franken Schulden dürfte die Schweiz wegen der Corona-Krise anhäufen.
- Für die Schuldenfinanzierung sind die Finanzmärkte besser geeignet als die Nationalbank.
Die Nationalbank ins Spiel gebracht hat Bundesrat Ueli Maurer persönlich. In einem Interview sagte der Finanzminister jüngst: «Mein Vorschlag ist, dass wir künftig sämtliche Ausschüttungen der Nationalbank verbindlich für den Abbau der Corona-Schulden verwenden.»
Maurer rechnet, dass die Schweiz dieses Jahr Schulden zwischen 30 und 50 Milliarden Franken anhäufen wird. Dazu kommen noch die verbürgten Kredite von maximal 40 Milliarden Franken. Es dürfte ein Vierteljahrhundert dauern, bis die Schulden wieder abbezahlt worden sind.
Ebenfalls mit Geld der SNB liebäugelt Greenpeace. Doch die Umweltschützer gehen einen anderen Weg als der Bundesrat. Die Idee: Um die Wirtschaft nach der Krise auf «grün» umzupolen und die Schulden zu tilgen, soll die Nationalbank Geld schöpfen.
Das klingt verlockend, zumal die SNB rund 800 Milliarden Franken Vermögen besitzt. Doch dieser Plan hat einen Haken: Die Nationalbank ist von der Politik unabhängig, so will es das Nationalbankgesetz. Weder der Bundesrat noch das nationale Parlament dürfen ihr reinfunken.
Keine neue Idee
Allerdings kommt die Idee, dass in der Krise die Nationalbank Schulden des Staates übernimmt, nicht von ungefähr. «Finanzierung von Staatsschulden durch Geldschöpfung findet auch in normalen wirtschaftlichen Situationen häufig statt», erklärt Mathias Binswanger, Ökonomieprofessor an der Fachhochschule Nordwestschweiz.
Der Staat darf sich allerdings nicht direkt bei der SNB verschulden, sondern müsste seine Anleihen an den Finanzmärkten an Investoren verkaufen. Diese könnten die Anleihen an Geschäftsbanken verkaufen, welche sie wiederum an die Zentralbank verkaufen könnten. «Besonders intensiv wird das im Normalfall bei der Finanzierung von Kriegen betrieben», erklärt der Ökonom.
Hohe Nachfrage nach Bundesobligationen
So begann der deutsche Staat im Ersten Weltkrieg, im grossen Stil Staatschulden an die damalige Reichsbank zu verkaufen. «Was der Beginn einer immer mehr ausartenden Inflation war, die in der Hyperinflation von 1923 endete.» Das Problem: Das neu geschaffenen Geld wurde nicht dafür verwendet, Produktionskapazitäten auszubauen. «Stattdessen wurden einfach die Ausgaben erhöht, ohne dass mehr produziert wurde», sagt Binswanger.
In der aktuellen Situation ist in der Schweiz eine Geldschöpfung durch die SNB kein Thema. «Der Bund hat keine Schwierigkeiten, weitere Schulden auf dem Markt zu platzieren.» Die Nachfrage nach Bundesobligationen sei nach wie vor so gross.
Zudem erhält der Bund eine kleine Prämie, da die Zinsen weiterhin negativ sind. «Falls die Zinsen jedoch tatsächlich ansteigen würden, könnte die SNB jederzeit beschliessen, weitere Staatsanleihen über die Geschäftsbanken zu erwerben.»