Die Coronakrise wird die Ungleichheit verschärfen
Der Bundesrat versucht die Folgen der Coronakrise abzufangen. Ärmere Menschen werde aber mehr unter den Folgen leiden. Nicht nur in der Schweiz.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Coronakrise wird ärmere Länder ungleich härter treffen als etwa die Schweiz.
- Allerdings werden auch hier die weniger Vermögenden die Auswirkungen deutlicher spüren.
- Längerfristig rechnet die Ökonomin, dass vermehrt über faire Besteuerung diskutiert wird.
Das Coronavirus rollt um den Erdball und hinterlässt eine Spur der Verwüstung. Doch die Furchen sind nicht überall gleich tief. Mancherorts wird es länger dauern, bis die Wunden verheilt sind - wenn überhaupt.
Isabel Martinez ist Ökonomin bei der Konjunkturforschungsstelle der ETH (KOF) und Fellow beim World Inequality Database Project, eine vom französischen Soziologen und Ungleichheits-Forscher Thomas Piketty initiierte Forschungsplattform. Sie sagt: Die Coronakrise wird die Ungleichheit verschärfen.
Katastrophen treffen die Ärmsten am härtesten
Einerseits in Entwicklungsländern. Der Gesundheitsnotstand kann dort in einer humanitären Katastrophe enden, so Martinez zur «Handelszeitung».
Andererseits in Schwellenländern oder auch den reichen Nationen des Nordens. Dort würden ärmere Bevölkerungsschichten stärker betroffen sein als reichere. Sowohl vom Virus direkt, als auch von den wirtschaftlichen Auswirkungen desselben.
Martinez erwartet, dass Arbeitnehmende in schlecht bezahlten Dienstleistungsjobs und Selbstständige besonders hart getroffen werden. «Auch wenn alle Staaten jetzt schwindelerregend hohe Summen bereitstellen, wird es vielerorts nicht reichen, alle diese Menschen aufzufangen.» Einige werden ihre Jobs verlieren, so die Ökonomin.
Für Vermögende ist Coronavirus eine Chance
Bei vielen Länder komme dazu, dass sie kein Polster, gar Schulden haben. Etwa Länder wie Italien, aber auch die USA. Die Schweiz zähle nicht dazu, sie steht verhältnismässig gut da. Und die bereits gesammelten Erfahrungen mit Kurzarbeit helfen, Jobs zu erhalten.
«Reiche Haushalte werden zwar ebenfalls betroffen sein, doch sie stehen auch in einer Krise auf dem Arbeitsmarkt mit besseren Karten da», so Isabel Martinez weiter. Die Finanzkrise 2008 habe zudem gezeigt, dass diese sich schnell von Verlusten an den Kapitalmärkten erholen.
Mehr noch: Für Investoren würden Krisen gar eine Chance sein, um an den zuvor heiss gelaufenen Finanzmärkten lukrative Geschäfte zu machen.
Frage der gerechten Besteuerung
Allerdings führt die durch die Coronakrise steigende Ungleichheit und den notwendigen Schuldenabbau auch dazu, dass Diskussionen nach einer gerechten Besteuerung neu entflammen werden.
«Man wird sich darauf berufen, dass kleine und grosse Unternehmen aus allen Wirtschaftsbereichen diese Krise nur dank direkten Staatshilfen überlebt haben», so Martinez zur «Handelszeitung». «Neben der Frage, wie stark Reiche zur Kasse gebeten werden sollen, werden deshalb Unternehmenssteuern in den Fokus der Diskussionen rücken.»