Eine Übersicht: Was ist eigentlich eine intelligente Stadt?
«Smart City» ist in aller Munde. Doch was bedeutet dieses Schlagwort konkret? Und welche Auswirkungen hat eine intelligente und vernetzte Stadt auf uns Menschen?
Das Wichtigste in Kürze
- Weltweit wollen Städte smart werden - vernetzt, digital, effizient und nachhaltig.
- Diese Entwicklung wird die gesamte Bevölkerung betreffen.
- So wird sich der Verkehr, die Energieversorgung, unser Wohnen und unsere Privatsphäre verändern.
Es ist ein globaler Trend. Big Data soll Städten und Unternehmen helfen, Prozesse effizienter zu gestalten. Das klingt abstrakt, hat aber direkte Auswirkungen auf unser Leben. Um das riesige Thema «Smart City» etwas greifbarer zu machen, skizzieren wir hier einige Bereiche:
1. Wie sieht der Verkehr der Zukunft aus?
In einer intelligenten Stadt sind alle Verkehrsteilnehmenden miteinander vernetzt: Das selbstfahrende Auto kommuniziert mit seinen Kolleg*innen und den Ampeln, der Verkehr wird so gelenkt, dass alle möglichst ressourcenschonend und rasch an ihr individuelles Ziel kommen: Wenn Stau herrscht, wird der Verkehr umgeleitet, bei einem Unfall berechnen die Betriebssysteme eine Alternativroute.
In einer «Smart City» wird dir auch dein Smartphone in Sachen Mobilität behilflich sein. Wenn es sonnig ist, empfiehlt es dir beispielsweise ein Velo-Sharing-Angebot, wie es in Zürich bereits einige gibt. Wenn deine Route von Stau geplagt ist, wird dir wohl eher die S-Bahn vorgeschlagen.
Wenn alle Verkehrsteilnehmenden miteinander vernetzt sind, können die «Systeme» miteinander kommunizieren und die Menschenströme so lenken, dass alle möglichst schnell da sind, wo sie hinwollen.
2. Energie und Nachhaltigkeit?
Wir Menschen verbrauchen viel Energie. Und Zürich ist noch weit vom festgelegten Ziel der 2000-Watt-Gesellschaft entfernt. Deshalb müssen wir erstens den Verbrauch senken und zweitens die Energie effizienter nutzen. Dies geschieht beispielsweise durch die intelligente Steuerung der Strassenlaternen: In Zukunft leuchten sie nur dann, wenn tatsächlich jemand durchfährt. Das sieht dann so aus wie in diesem Werbevideo von EWZ:
Auch bei dir Zuhause wirst du deinen Energieverbrauch optimieren können. Die Heizung, Lüftung und Beleuchtung funktionieren autonom. Zudem siehst du in einer App ständig deinen aktuellen und persönlichen Energieverbrauch und kannst ihn mit dem Durchschnitt deiner Nachbarschaft vergleichen. Dies ist keine Zukunftsfantasie, sondern bereits real in der Greencity in Leimbach.
3. Wie wohnen wir in Zukunft?
Dein Smartphone klingelt während der idealen Schlafphase und meldet dein Erwachen der Kaffeemaschine. Diese weiss natürlich, was du am liebsten magst, und schäumt bereits die Milch für den Cappuchino. Du stehst unter die Dusche und hockst auf das Klo. Dein Wasserverbrauch wird natürlich registriert und gibt Aufschluss darüber, ob du gesund oder krank bist. Aufgrund dieser Daten kriegst du eine Menu-Empfehlung für den Tag gemailt. Inzwischen ist der Kaffee fertig, aber die Milch ist ausgegangen. Doch davon kriegst du nichts mit, der Kühlschrank bestellt von alleine deine Lieblingssorte. Weil es heute regnen wird, empfiehlt dir das Smartphone, den Schirm mitzunehmen und zu Fuss zum Tram zu gehen.
Damit dies alles reibungslos funktioniert, müssen die «Systeme» natürlich miteinander verbunden sein und eine grosse Menge Daten analysieren können. Wie die NZZ über die Greencity in Leimbach schreibt, müssen die «Mieter damit ‘einverstanden’ sein, ‘dass sämtliche Verbrauchsdaten anonymisiert erfasst werden’.»
4. Wie werden wir in Zukunft überwacht?
Mit gewissen Wahrscheinlichkeiten lässt sich jedes Verhalten von Menschen vorhersagen. Auch Verbrechen. Polizeiroboter wissen in Zukunft also, wer wen ausrauben wird, bevor es die Täter*innen selber wissen und auch, bevor sie es tatsächlich tun. Mit den Daten von Überwachungskameras und den Smartphones können Softwares potenzielle Täter*innen ständig lokalisieren und die Polizist*innen können diese festnehmen, bevor tatsächlich ein Verbrechen vorliegt. Die Stadtpolizei Zürich nutzt bereits seit 2014 die Software «precops», welche vor allem zur Verhinderung von Einbrüchen eingesetzt wird. Diese Software funktioniert allerdings nicht mit dem Eingang über die Täterprofile, sondern über die Regionen, in denen statistisch am meisten eingebrochen wird.
Dieses Überwachen mit Hilfe von grossen Datenmengen und Algorithmen wird ab jetzt und in Zukunft eine zentrale Rolle bei der Sicherheits- und Polizeiarbeit einnehmen. Je mehr menschliches Handeln digital erfasst wird, desto einfacher ist es, Kriminelle zu finden und mit repressiven und präventiven Aktionen widerrechtliches Handeln im Voraus zu verhindern. Die Vorteile davon liegen auf der Hand (höhere Verkehrssicherheit, weniger Einbrüche, weniger Gewalttaten), allerdings ist der Weg zum totalen Überwachungsstaat damit ohne Hindernis, wenn jeder noch so kleine Regelverstoss aufgezeichnet wird.
5. Verwaltung oder E-Governance
Wenn alles digitalisiert und vernetzt wird, dann auch der Staat; respektive die Verwaltung. Für uns Stadtbewohner*innen ändert sich der Kontakt mit den Behörden: Das Kreisbüro wird ins Internet verlagert, der Umzug kann einfach im Internet gemeldet werden. Stadtrat Leupi hat im Februar die Plattform «Mein Konto» lanciert, wo wir Menschen eine digitale Anlaufstelle der Stadtverwaltung vorfinden. Die Stadt Zürich will sich unter anderem auch mit diesem Projekt als Vorreiterin im E-Government positionieren. Natürlich soll auch die Verwaltung intern intelligent funktionieren: Abläufe zwischen den verschiedenen Abteilungen und Departementen werden vernetzt und koordiniert. Das klingt so unkonkret, wie es derzeit noch ist: Im November will die Stadt Zürich ihre Departementsübergreifende Smart-City-Strategie vorstellen.
Welche wichtigen Fragen sollten wir uns stellen?
Eine intelligente Stadt bedeutet für die Firmen viel Geld, für die Städte weniger Aufwand und für die Menschen im Idealfall ein einfacheres Leben. Die Entwicklung ist weder in Zürich noch global aufzuhalten, weshalb wir sie zusammen debattieren und Grenzen und Ziele aushandeln sollten. Als Inspiration folgt hier ein (natürlich unvollständiger) Fragenkatalog zum Thema Smart City:
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, dass Zürich smart werden kann?
Wer profitiert von einer vernetzten Stadt?
Welche neuen Möglichkeiten der politischen Beteiligung kann eine Smart City bieten?
Werden wir dank effizienterer Nutzung der Energie tatsächlich zu einer 2000-Watt-Gesellschaft?
Wem gehören die Daten? Den Menschen? Der Stadt? Den Unternehmen?
Auf welchen IT-Systemen laufen die smarten Lösungen?
Muss unser Leben effizienter und einfacher werden?
Was passiert mit mir, wenn ich nicht an einem effizienteren Leben teilnehmen will?
Haben wir dank einem effizienteren Leben mehr Zeit für unsere lieben Mitmenschen?
Was bedeutet eine Smart City für unsere täglichen, sozialen Interaktionen?
Wie können wir uns untereinander in Zukunft vernetzen?
Was macht meine Krankenkasse, wenn sie merkt, dass ich ungesund esse und mich zu wenig bewege?
Gibt es bald kein persönlicher Besitz mehr wegen einem Aufschwung der Sharing Economy?