FDP kritisiert Verbrauchertäuschung bei Gentechnik-Siegel
Zahlreiche Lebensmittel, die mit dem Siegel «Ohne Gentechnik» ausgezeichnet werden, sind nach Recherchen der FDP und des Gentechnik-freundlichen Verbandes «Forum Grüne Vernunft» (FGV) in Wahrheit doch gentechnisch verändert.
Das Wichtigste in Kürze
- Angeblich zahlreiche damit ausgezeichnete Lebensmittel gentechnisch verändert.
Die FDP-Bundestagsabgeordnete Carina Konrad sowie der FGV-Vorsitzende und FDP-Politiker Horst Rehberger forderten daher am Freitag in Berlin, diese «Verbrauchertäuschung» zu beenden.
Hintergrund ist demnach die seit Jahrzehnten praktizierte Veränderung des Erbguts von Pflanzen mittels sogenannter Mutagenese-Verfahren. Dabei werden durch Röntgenstrahlen oder Chemikalien wahllos Mutationen erzeugt. Erweisen sich einzelne davon als nützlich, werden diese Pflanzen gezielt weiter gezüchtet. Laut FGV enthalten inzwischen mehr als 90 Prozent aller Lebensmittel Genmanipulationen, die auf dieses Verfahren zurückgehen. Sie müssen laut EU-Recht aber demnach nicht als gentechnisch verändert gekennzeichnet werden.
FDP und FGV halten es jedoch für rechtswidrig, solche Produkte zudem ausdrücklich mit dem Siegel «Ohne Gentechnik» zu bewerben. Konrad und Rehberger verwiesen auf ein Gutachten des Rechtsexperten Reimund Schmidt-De Caluwe, wonach «diese Irreführung» spätestens nach einem Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs vom Juli 2018 nicht mehr erlaubt sei. Bislang sind von dem Siegel «Ohne Gentechnik» in Deutschland jedoch nur Produkte ausgeschlossen, bei denen eine gezielte genetische Veränderung vorgenommen wurde, etwa mittels der sogenannten Genschere.
Allerdings wollen sowohl Konrad als auch der FGV keineswegs die Verbreitung gentechnisch veränderter Lebensmittel weiter einschränken. «Die Wissenschaft hat längst bewiesen, dass von gentechnisch veränderten Pflanzen keine Gefahr ausgeht. Im Gegenteil: Sie bringen etliche Vorteile mit sich», erklärte Konrad. Auch der FGV setzt sich aktiv für den verstärkten Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen ein, weil es damit bisher «keine Probleme gegeben habe».
Konrad wandte sich jedoch dagegen, dass Verbraucher «durch Etikettenschwindel getäuscht werden». Sie wies darauf hin, dass von dem Siegel «Ohne Gentechnik» eine erhebliche Steuerwirkung bei Kaufentscheidungen ausgehe. Sie deutete mögliche rechtliche Schritte an. Laut FGV soll künftig auch nicht mehr von «gentechnikfreien Regionen» gesprochen werden dürfen, wenn sich dort durch Mutagenese veränderte Pflanzen befinden.
Eine andere Rechtsauffassung vertritt laut einem Bericht des Magazins «Spiegel» der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Dort wird demnach auf die Erwartungshaltung der Verbraucher verwiesen. Diese würden unter gentechnisch veränderten Lebensmitteln vorwiegend Produkte verstehen, die zielgenau genetisch verändert worden seien. Insofern sei der Einsatz des Siegels auch nicht irreführend. Umfragen zufolge wollen etwa zwei Drittel der Verbraucher keine gentechnisch veränderten Lebensmittel essen.