Gas-Branche kritisiert Politik für E-Auto-Förderung

Michael Bolzli
Michael Bolzli

Bern,

Die Politik will die Umweltprobleme mit der Förderung von E-Autos lösen. Die Gas-Branche hält diese Bevorzugung für unfair.

Gas
Statt Benzin wird Gas an der Zapfsäule getankt. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Gas-Autos können CO2-neutral fahren. Dennoch ist der Absatz bescheiden.
  • Die Branche kritisiert: E-Autos werden massiv bevorzugt.

Für die Politik ist der Fall klar: Die Zukunft gehört dem Elektroauto. Und wenn, dann macht ihm höchstens das Wasserstoffauto Konkurrenz.

Der Verbrennungsmotor wurde abgeschrieben. Zu Unrecht, wie die aktuelle Auto-Umweltliste des Verkehrsclub der Schweiz zeigt.

Dort gelten Gas- und Elektroautos als erste Wahl. Autofahrern, welche weniger als 6000 Kilometer pro Jahr fahren, empfiehlt der VCS ein Auto, dass Erd- oder Biogas verbrennt.

Tankstelle
Der Tankvorgang dauert bei einem Gas-Fahrzeug etwas länger als bei einem Benziner. - Keystone

Trotzdem hat es das Gas-Auto politisch schwer. «Die europäische CO2-Emissionsgesetzgebung bevorteilt den elektromotorischen Antrieb durch den Fokus auf die Emissionsmessung am Auspuff massiv», sagt Jens Andersen gegenüber CNG-Mobility, dem Portal der Gas-Industrie.

Als Alternative kaum bekannt

Der Deutsche hat in der Autobranche Gewicht, er war über zwei Jahrzehnte Motoren-Entwickler beim VW-Konzern. Mittlerweile ist er Berater im Bereich Gas-Mobilität.

Gas sei als derzeit umweltfreundlichster Treibstoff für den Verbrennungsmotor in der breiten Bevölkerung überhaupt nicht bekannt. Andersen trifft damit einen wunden Punkt der Branche.

Letztes Jahr wurden – trotz Klimadebatte – nur 1249 Gas-Autos verkauft. In der gleichen Zeitspanne wurden 13'165 Elektroautos an den Mann gebracht.

«Ich wünschte mir einen politisch gewollten, fairen, aber knallharten Wettbewerb zwischen dem Elektro- und dem CNG-Fahrzeug. Und zwar mit einer Gesamtbetrachtung von der Herstellung bis zur Verschrottung», so Andersen.

Gas
Jedes Gas-Auto kann mit Erdgas, Biogas oder Benzin fahren. - Keystone

Doch ist ein Gas-Auto wirklich so umweltfreundlich, wie die Branche und der VCS behaupten? Bei einer Studie des Paul Scherrer Instituts schafft es das Erdgas-Auto nur auf den dritten Platz, deutlich hinter dem E- und knapp hinter dem Wasserstoffauto.

Biogas ist teurer

Entscheidend ist, was verbrannt wird. In der Schweiz tanken Erdgas-Fahrer 22 Prozent Biogas. Wer will, kann das erneuerbare Gas zu 100 Prozent tanken, allerdings zu spürbaren Mehrkosten.

Dann sieht die Umweltbilanz deutlich besser aus. «Bei einer Analyse des gesamten Produktlebenszyklus sind ein CNG-Fahrzeug, dass mit 100 Prozent Biogas fährt, und ein Elektrofahrzeug, das mit Ökostrom geladen wird, auf Augenhöhe», heisst es bei der nationalen Koordinationsstelle für CNG-Mobilität.

Neben Erd- und Biogas kann das Netz mit synthetischem Gas gespiesen werden. Dieses wird aus überflüssigen Ökostrom hergestellt, in der Fachwelt spricht man von Synthetic Natural Gas (SNG).

Solar Solarteam Jurablick
In der Schweiz ist ein Ausbau an Solaranlagen nötig. - Pixabay

In Dietikon ZH wird aktuell die erste Anlage gebaut, Autobauer Audi betreibt in Deutschland eine seit 2013. «Wenn wir in Zukunft tatsächlich viel Ökostrom übrig haben, ergibt SNG auch als Personenwagenantrieb durchaus Sinn», kommentierten die Autoren der Paul-Scherrer-Studie.

Das Institut hat noch eine weitere Studie zum Thema SNG erstellt. Diese kommt zum Schluss, dass in der Schweiz bis zu einer Million Autos mit erneuerbarem Gas betrieben werden könnten. Vorausgesetzt: Ein massiver Ausbau der Fotovoltaik.

Hier gilt für das E- und das Gas-Autos das Gleiche: Der Strom muss grüner werden, damit die Antriebe ihre Vorteile ausspielen können. Gefragt ist erneut die Politik.

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