Italien schlägt Verschiebung von Verbrennerverbot vor
Italien schlägt eine Verschiebung des Verbrennerverbots um fünf Jahre auf 2040 vor. Am Dienstag stimmt der EU-Umweltrat darüber ab.
Das Wichtigste in Kürze
- Italien will das Verbot von Verbrennern erst ab 2040 – fünf Jahre später als angestrebt.
- Der EU-Umweltrat stimmt am Dienstag über den Vorschlag ab.
- Dabei wird die Position Deutschlands entscheidend sein, diese ist aber noch unklar.
Vor dem Treffen der EU-Umweltminister am Dienstag hat Italien eine Verschiebung des Verbrennerverbots um fünf Jahre auf 2040 vorgeschlagen.
Italien habe die Unterstützung von Bulgarien, Portugal, Rumänien und der Slowakei. So heisst es in einem Papier, das den EU-Botschaftern der 27 Mitgliedstaaten am Freitag vorlag. Für eine Mehrheit im Rat ist die Abstimmung Deutschlands zentral - die Bundesregierung hat bislang noch keine gemeinsame Position.
Italien will Null-Emission erst 2040
Das EU-Parlament hatte Anfang Juni für ein Aus für Verbrennungsmotoren bis 2035 gestimmt. Damit folgten die Abgeordneten einem Vorschlag der EU-Kommission. Nun müssen sich die Mitgliedstaaten verständigen.
Italien schlug vor, den CO2-Ausstoss von Neuwagen bis 2035 nicht um hundert Prozent, sondern nur um 90 Prozent zu senken. Die Null-Emission soll dann 2040 erreicht werden. Zudem soll es besondere Regeln für sogenannte E-Fuels geben, synthetische Kraftstoffe.
Rom verweist auf «unverhältnismässig hohe und unnötige Kosten für die Autobranche und die Verbraucher». Um einen Autoverkehr ohne CO2-Emissionen zu erreichen, gelte es zahlreiche Hindernisse zu überwinden; Rom nannte etwa den Ausbau der Ladeinfrastruktur, die Produktion von Batterien, preiswerte Technologien sowie Kaufanreize für Verbraucherinnen und Verbraucher.
Deutsches Nein würde Ablehnung bedeuten
Die Abstimmung im Umweltrat am Dienstag erfolgt nach dem System der qualifizierten Mehrheit. Staaten können einen Gesetzentwurf blockieren, wenn sie zusammen für mehr als 35 Prozent der EU-Bevölkerung stehen. Sollte Deutschland sich enthalten, würde dies als Nein gewertet - 35 Prozent wären deutlich erreicht. Im Falle einer Ablehnung muss Tschechien, das ab Juli die Ratspräsidentschaft übernimmt, einen Kompromiss mit Kommission und Parlament aushandeln.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) rief die Bundesregierung am Freitag auf, dem Verbrennerverbot ab 2035 zuzustimmen. «Dem von der Bundesregierung selbst gesteckten Anspruch, Klimaweltmeister und Leitmarkt für E-Mobilität in einem zu sein, würde ein Nein zum Verbrenner-Aus eindeutig widersprechen». So äusserte sich vzbv-Verkehrsreferent Gregor Kolbe.
FDP begrüsst italienischen Vorschlag
In der Bundesregierung kommt der Widerstand von der FDP. Parteichef Christian Lindner hatte erst am Dienstag bekräftigt, er halte die Entscheidung, den Verbrennungsmotor ab 2035 zu verbieten, für falsch. Daraus ziehe er die Konsequenz, «dass wir in der Bundesregierung dieser europäischen Rechtssetzung in dieser Woche nicht zustimmen werden». Im Umweltrat vertritt Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) Deutschland.
Die umweltpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Judith Skudelny, lobte am Freitag den italienischen Kompromissvorschlag: Er sei «geeignet, Vielfalt und Technologieoffenheit in der Antriebstechnik zu bewahren und gleichzeitig Klimaschutz in der Mobilität ab 2035 zu gewährleisten», sagte sie der AFP. Sie würde sich daher freuen, wenn der Vorschlag von der Bundesregierung aufgegriffen würde. Der Angriffskrieg des russischen Präsidenten Wladimir Putin zeige, «dass ehemals stabil geglaubte Rahmenbedingungen sich plötzlich ändern können», argumentierte sie.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) warnte erneut vor dem Verbrenner-Aus ab 2035. «Ich finde es gewagt, dass man in Brüssel angeblich heute schon weiss, was technologisch im Jahr 2035 die beste Lösung ist». So äussert sich BDI-Präsident Siegfried Russwurm den Zeitungen der Funke Mediengruppe. «Ich für meinen Teil wette darauf, dass wir sogar noch vor 2035 grünen Treibstoff tanken können.»