Microsoft riskiert Super-GAU für KI-Energie
Microsoft plant Neustart eines AKW, dessen Zwilling fast zum Super-GAU führte. Greenpeace warnt vor einem unkalkulierbaren Risiko.
Das Wichtigste in Kürze
- Google und Microsoft wollen in Zukunft auf Atomkraft setzen.
- Microsoft nimmt damit hohe Risiken für Mensch und Umwelt in Kauf, warnt ein Experte.
Nach Microsoft folgt nun auch Google dem umstrittenen Trend: Beide Tech-Giganten setzen auf Atomkraft, um den enormen Energiebedarf ihrer KI-Rechenzentren zu decken.
Diese Entwicklung sorgt für Aufsehen. Schliesslich hatten sich beide Unternehmen ursprünglich der Klimaneutralität verschrieben und betont, ausschliesslich auf erneuerbare Energien setzen zu wollen.
Besonders brisant: Ein Experte warnt, dass Microsoft einen Reaktor reaktivieren möchte, dessen baugleicher Zwilling fast zu einer nuklearen Katastrophe geführt hätte.
Google und Microsoft brechen Klima-Versprechen
Doch der Reihe nach: Bereits 2016 versprach Urs Hölzle, Senior Vice President bei Google, mit grossen Worten: «Bis 2017 werden 100 Prozent unserer Aktivitäten mit erneuerbaren Energien betrieben.»
Microsoft folgte vier Jahre später: In einer über 3500 Wörter langen Mitteilung kündigte das Unternehmen 2020 an, dieses Ziel bis 2025 erreichen zu wollen. Doch warum jetzt dieser drastische Sinneswandel?
Selbst Klima- und Energieexperte Nathan Solothurnmann von Greenpeace steht vor einem Rätsel: «Die Entscheidung, in Atomkraft zu investieren, ist nicht nur unverständlich, sondern geradezu absurd. Sie widerspricht völlig dem grünen, innovativen Image, das diese Unternehmen aufgebaut haben.»
Ein Boom der Erneuerbaren – und trotzdem Atomkraft?
Solothurnmann weiter: «Die Branche der erneuerbaren Energien boomt. Es ist ein Rätsel, warum zwei der grössten Technologie-Unternehmen der Welt ausgerechnet auf die veraltete Atomtechnologie setzen.»
Google und Microsoft rechtfertigen den Kurswechsel mit dem enormen Energiebedarf ihrer KI-Rechenzentren. Doch ist dieser Energiehunger wirklich so überraschend?
«Leider nicht», stellt Solothurnmann klar und führt aus: «KI braucht extrem viel Strom. Der Verbrauch lässt sich aber planen und der Ausbau der Erneuerbaren entsprechend steuern.»
Er betont, dass gerade erneuerbare Energien hier ideal eingesetzt werden könnten: «Zwar liefern Solaranlagen im Winter weniger Strom. Aber gleichzeitig verbrauchen Rechenzentren in der kühleren Jahreszeit ebenfalls weniger Energie für die Kühlung. Das gleicht sich aus.»
Microsoft setzt auf Super-GAU-Reaktor
Besonders brisant: Microsoft plant, einen Reaktor zu reaktivieren, dessen baugleicher Bruder beinahe in einer nuklearen Katastrophe endete.
Während Google auf noch nicht fertig entwickelte, kleine Reaktoren setzt, beschreitet Microsoft einen anderen Weg: Der IT-Riese möchte den 1974 in Betrieb genommenen Atomreaktor «Three Mile Island I» wieder ans Netz bringen. 2019 wurde dieser aus Kostengründen abgeschaltet.
Solothurnmann warnt: «Dieser Reaktor ist das Pendant zu ‹Three Mile Island II›, der 1979 nur knapp einem Super-GAU entging.»
Microsoft plant, den Reaktor bis 2028 wieder hochzufahren und ihn mindestens bis 2054 zu betreiben. «Einen für 40 Jahre ausgelegten Reaktor über 70 Jahre betreiben zu wollen, ist ein beträchtliches Risiko. Und zwar für Umwelt und Bevölkerung», so Solothurnmann.
Experte: Umwelttechnischer und wirtschaftlicher Reinfall
Doch warum wählen Google und Microsoft trotz dieser Risiken den Weg der Atomkraft? Solothurnmann kommt aus einer wirtschaftlichen Perspektive zum Schluss: «Selbst rein unternehmerisch macht dieser Schritt keinen Sinn. Atomreaktoren können ungeplant ausfallen. Dann fehlt Microsoft der Strom.»
Und: «Bei Google bestehen grosse Zweifel, ob ihre Partnerfirma Kairos Power den neuen Reaktor überhaupt bis 2030 fertigstellen kann. Es drohen massive Verzögerungen und hohe Verluste.»
Dass Microsoft mit Kernkraft sympathisiert, ist indes nichts Neues. Schon 2021 warb Microsoft-Gründer Bill Gates um Kernkraft.