Neuwagen schlucken fast 40 Prozent mehr als angegeben
Das Wichtigste in Kürze
- Autos verbrauchen auf der Strasse viel mehr als auf dem Papier angegeben.
- Der Unterschied ist in den letzten Jahren massiv gestiegen.
Dass ein Fahrzeug auf der Strasse mehr schluck als in Labortests, ist klar. Allerdings wird die Abweichung vom Datenblatt immer grösser.
Gemäss einer Studie der Nichtregierungsorganisation ICCT schluckt ein europäischer Neuwagen im Schnitt 39 Prozent mehr als angegeben. Die Mehrkosten an Sprit liegen im Schnitt pro Autofahrer bei 400 Euro pro Jahr.
Pikant: Noch vor elf Jahren wichen die realen Werte um nur 15 Prozent von den Datenblättern ab, 2001 waren es sogar nur acht Prozent. Heisst auch: Ein Teil der CO2-Reduktion im Autoverkehr wurde nur auf dem Papier verwirklicht. Immerhin: Gegenüber dem Vorjahr ging die Abweichung zwischen Labor- und Realverbräuchen um ein Prozent zurück. Zuvor nahm der Unterschied von Jahr zu Jahr zu.
Die Daten stammen aus Tests in ganz Europa. Auch Messdaten des TCS sind in die Berechnung eingeflossen. Weitere Quellen sind etwa Spritmonitor.de, die Leasingfirma LeasePlan oder das Fachmagazin Auto Motor Sport. Unter dem Strich verarbeitete das NGO Daten von über 1,3 Millionen Fahrzeugen.
Tricks auf dem Prüfstand
Die Autoindustrie argumentiert, dass Emissionswerte von Fahrzeugen im Labor und auf der Strasse immer unterschiedlich seien. Einfluss hätten Verkehr, Wetter oder die individuelle Fahrweise. Das ist natürlich korrekt, erklärt aber nicht, warum die Abweichung in den letzten Jahren so stark zugenommen hat.
Das ICCT erklärt den Unterschied hingegen durch Schlupflöcher des Gesetzgebers, die die Autoindustrie ausnutzt. Auf dem Prüfstand fahren Wagen mit voll aufgepumpten Reifen, ohne Profil und im Ofen gehärtet. Mit dem Ziel, die Reibung zu reduzieren. Bremsen werden gelockert, Klimaanlagen ausgeschaltet.
ICCT-Europachef Peter Mock erklärt: «Die EU-Kommission sollte möglichst bald eine Methode entwickeln, um Hersteller, die sich durch unrealistisch niedrige Angaben zum Verbrauch einen Vorteil verschaffen wollen, zu bestrafen. Nur so kann es gelingen, die Abweichung zwischen offiziellen und realen Werten in den kommenden Jahren endlich wieder deutlich abzusenken.»