Nicht nur Linke kritisieren Swiss-Rettung
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bund hat ein Milliarden-Paket für die Luftfahrtbranche geschnürt.
- Kritik kommt von Grünen und Avenir Suisse zugleich, wenn auch mit anderen Argumenten.
Angedacht war es schon länger, gestern machte der Bundesrat Nägel mit Köpfen: Wegen der Corona-Krise können Swiss und Edelweiss, beides Töchter der Lufthansa, bis 1,5 Milliarden Franken Unterstützung einfordern. Zudem wurde auch für flugnahe Betriebe finanzielle Hilfe in Aussicht gestellt.
Das Geld kommt von der UBS und Credit Suisse, der Bund bürgt zu 85 Prozent. Das Prinzip ist gleich wie bei den Covid-Krediten für KMU, nur geht es um viel mehr Geld.
Umweltparteien und linke Politiker forderten im Vorfeld, dass die Unterstützung an Umwelt-Bedingungen geknüpft wird. Doch beim bürgerlich dominierten Bundesrat fanden diese Anliegen offenbar kein Gehör.
Für die Grünen ist der Entscheid den Bundesrats unverständlich. Die Partei prüft darum das Referendum.
Kritik auch von den Grünliberalen: «Es kommt für uns nicht in Frage, dass der Staat die Luftfahrt rettet, ohne verbindliche Auflagen für mehr Klimaschutz zu machen», sagt Parteipräsident Jürg Grossen.
Avenir Suisse gegen breitflächige Bailouts
Kritische Stimmen gehen aber weit über die Umweltparteien hinaus. Auch der Thinktank Avenir Suisse gibt sich skeptisch.
In einer neuen Analyse wird die Swiss zwar nicht explizit erwähnt, doch die Aussagen sind deutlich: «Der Ruf nach breitflächigen Bailouts für alle betroffenen Unternehmen schiesst weit über das Ziel hinaus.»
Gemäss der von der Wirtschaft finanzierten Denkfabrik würden pauschale Rettungsaktionen durch den Staat den Anreiz verringern, sich künftig finanziell auf eine Krise vorzubereiten.
Jürg Müller, Forscher von Avenir Suisse und Mitverfasser der Analyse, spricht auf Twitter Klartext: «Dass nun der Bund ruckzuck eine Tochterfirma eines DAX-Konzerns finanziell stützt, ist aus meiner Sicht unverständlich.»
Nach der letzten Finanzkrise wurde analysiert, welche Banken «Too Big To Fail» – also systemrelevant – sind und schlimmstenfalls vom Staat gerettet werden müssten. Der Bundesrat wollte im Rahmen dieser Debatte wissen, ob auch andere Grossunternehmen in diese Kategorie fallen und hat eine Expertengruppe zusammengestellt.
«Rettung nicht angebracht»
Der Gruppe gehörten Chefbeamte der Finanzverwaltung, Finanzmarktaufsicht, des SECO und der Weko an, aber auch ranghohe Vertreter der Privatwirtschaft. Ihn ihrem Schlussbericht von Ende 2010 schreiben sie, dass sich die Problematik des «Too Big To Fail» in der Schweiz auf den Bankensektor beschränke. «In anderen Branchen existieren ebenfalls grosse Unternehmen und deren Insolvenz würde zweifelsohne eine erhebliche Belastung darstellen.»
Allerdings könnten die systemrelevanten Funktionen im Regelfall rasch durch den Markt substituiert werden. «Daher ist aus volkswirtschaftlicher Sicht eine staatliche Rettung nicht angebracht und schon gar nicht zwingend.»
Auf aller Welt betteln Airlines um Staatshilfe. Doch nicht alle. British Airways und Iberia machten noch nicht die hohle Hand.
Und Ryanair-Chef Michael O'Leary sagte jüngst, dass seine Airline bis Ende Jahr durchhalten könnte, selbst wenn sie keine Umsätze erziele. Er kritisierte die Konkurrenz stark: «Ich denke, dass Fluggesellschaften wie Lufthansa und Air France die Covid-Krise nutzen, um sich mit unglaublich hohen Summen vom Staat zu bereichern.»
Der Deal mit Lufthansa ist noch nicht durch. Die Vorschläge der Bundesregierung für Staatshilfe lehnt die Airline gemäss Berichten ab. Die deutsche Regierung hat vorgeschlagen, mit 25 Prozent bei der Lufthansa einzusteigen und zwei Aufsichtsratsvertreter zu entsenden.