Säbelrasseln im Fischereistreit zwischen London und Paris vorerst beendet
Im Streit um Fischereirechte nach dem Brexit zwischen Frankreich und Grossbritannien stehen die Zeichen wieder auf Deeskalation: Die britische Regierung zog am Donnerstag ihre zwei Kriegsschiffe wieder ab, die Regierungschef Boris Johnson in das Seegebiet vor die Insel Jersey im Ärmelkanal entsandt hatte.
Das Wichtigste in Kürze
- Briten rufen Kriegsschiffe vor Kanalinsel Jersey zurück.
Kurz zuvor hatten französische Fischer ihre angedrohte Blockade des Hafens von Saint Helier durch mehr als 50 Fischkutter abgebrochen.
Die Insel Jersey liegt rund 30 Kilometer vor der Küste der Normandie, ihre Gewässer gelten als besonders fischreich. Grossbritannien schickte die Kanonenschiffe «HMS Severn» und «HMS Tamar» dorthin, um «die Lage zu überwachen». Es handele sich um eine «rein präventive Massnahme», erklärte das Verteidigungsministerium in London. Premier Johnson hatte die drohende französische Blockade der Kanalinsel als «völlig ungerechtfertigt» kritisiert.
Frankreich entsandte daraufhin seinerseits zwei Patrouillenschiffe der Marine in das Gebiet. Der französische Europaminister Clément Beaune sagte der Nachrichtenagentur AFP, sein Land lasse sich «nicht einschüchtern». Beaune forderte eine «schnelle und vollständige Anwendung des Abkommens» zum Brexit.
Die französische Meeres-Ministerin Annick Girardin hatte mit «Vergeltungsmassnahmen» gedroht, sollte London die Fischereirechte einschränken. Nach ihren Angaben könnte der aus Frankreich durch Unterseekabel fliessende Strom für die gut 100.000 Inselbewohner von Jersey gekappt werden.
Im Laufe des Donnerstag entspannte sich die Lage dann: Die gut 50 französischen Fischkutter verliessen das Seegebiet vor Jersey und machten sich auf den Rückweg nach Frankreich, wie es die Hafenmeisterei von Saint Helier gefordert hatte. «Die Demonstration der Stärke ist vorbei», erklärte der Präsident des Fischereiverbandes der Normandie, Dimitri Rogoff. «Nun ist die Politik am Zug.»
London erklärte wenig später den Abzug der zwei Kriegsschiffe. Das Büro von Johnson teilte allerdings mit, die britische Seite bleibe «auf Stand-by», um Jersey bei Bedarf beizustehen.
Der Streit um Fischereilizenzen schwelt weiter: Nach Pariser Angaben ist es nur noch rund 40 französischen Schiffen erlaubt, vor Jersey ihre Netze auszuwerfen. Beantragt waren demnach Lizenzen für mehr als 340 Boote. Die autonome Verwaltung von Jersey betont, sie halte sich strikt an die Brexit-Vereinbarungen.
Die Fischereirechte waren einer der Knackpunkte in dem Handelsabkommen zwischen der EU und Grossbritannien, das seit dem 1. Mai vollständig in Kraft ist. Die Briten müssen demnach in ihren Gebieten nur solche Fischerboote zulassen, die dort bereits seit 2012 aktiv sind.
Die französischen Fischer beklagen, dies sei nicht leicht nachzuweisen. Ab 2026 sollen europäische Fischer dann auf ein Viertel ihrer Fänge in britischen Gewässern verzichten, das entspricht Erlöseinbussen von rund 650 Millionen Euro im Jahr.
Jersey und die anderen Kanalinseln sind nicht Teil des Vereinigten Königreichs, sondern haben eine autonome Verwaltung. Sie gehören aber zum britischen Kronbesitz. In der jüngeren Vergangenheit machten die Inseln vor allem als Steuerparadies Schlagzeilen.