SAP streicht wegen Grossumbau 8000 Stellen
Europas führender Softwarehersteller SAP plant eine Neuausrichtung seiner Geschäfte. Des internen Umbaus zum Opfer fallen 8000 Stellen.
Europas grösster Softwarehersteller SAP will mit einem Grossumbau die Geschäfte mit Künstlicher Intelligenz (KI) vorantreiben. Von dem Vorhaben seien rund 8000 Mitarbeitende betroffen, teilte das Dax-Schwergewicht am späten Dienstagabend mit.
Die Walldorfer hatten vor rund einem Jahr bereits 3000 Jobs gestrichen, um sich schlanker aufzustellen und sich wieder mehr auf das Kerngeschäft rund um die Software zur Unternehmenssteuerung zu konzentrieren.
Mehr Investitionen in KI
«Mit dem geplanten Transformationsprogramm verlagern wir verstärkt Investitionen in strategische Wachstumsbereiche, in erster Linie in KI», sagte Konzernchef Christian Klein. «Damit werden wir auch zukünftig wegweisende Innovationen entwickeln und gleichzeitig die Effizienz unserer Geschäftsprozesse verbessern.»
Der Hype um KI in der Softwarebranche hatte sich im vorvergangenen Jahr an der Veröffentlichung des Chatbots ChatGPT entzündet. Seither möchten alle Softwarekonzerne ein Stück vom erhofft grossen zukünftigen Kuchen abhaben und stecken viel Geld in die Technologie.
SAP hatte im vergangenen Jahr bereits eigene Produkte wie den KI-Assistenten Joule vorgestellt, der es Anwendern erleichtern soll, typische Aufgaben in Unternehmen zu erledigen. Nun nimmt SAP-Chef Klein noch einmal rund zwei Milliarden Euro Geld in die Hand – soviel nämlich soll das Umbauprogramm insgesamt kosten.
Personalumschulungen statt Arbeitslosigkeit
Teil des Umbauprogramms sei auch ein Umbau der Konzernstruktur, hiess es. Bei den meisten der rund 8000 betroffenen Stellen sollen Freiwilligenprogramme und interne Umschulungen greifen. Aufgrund von Investitionen in Wachstumsbereiche rechnet SAP damit, dass am Ende des Jahres die Zahl der Mitarbeitenden etwa dem aktuellen Niveau entspricht. Wie viele der vom Umbau betroffenen 8000 Beschäftigten dann noch bei SAP arbeiten, ist derzeit nicht abzusehen.
Der Stellenabbau vor rund einem Jahr hatte bei den Walldorfern nicht zu insgesamt sinkenden Mitarbeiterzahlen geführt. Zum Stichtag Ende Dezember hatte SAP 107'602 Vollzeitbeschäftigte, ein Jahr zuvor waren es 106'312 gewesen. Viele der damals betroffenen Beschäftigten sind aber nicht mehr bei SAP.
Cloudumsatz soll vorangetrieben werden
Klein und sein Finanzchef Dominik Asam haben sich für das laufende Jahr mehr Tempo bei Cloudumsatz und Ergebnis vorgenommen als im letzten Jahr. So soll das um Sondereffekte bereinige Ergebnis vor Zinsen und Steuern um 17 bis 21 Prozent wachsen, wenn Wechselkurseffekte ausgeklammert werden.
In der Cloud sollen die hereingeholten Abonnements mehr Schub liefern. Klein hat den Vertriebsteams ein währungsbereinigtes Umsatzplus von 24 bis 27 Prozent als Messlatte gesetzt.
Die Cloudprodukte zur Nutzung über das Netz sind seit längerer Zeit der Wachstumsträger bei SAP. Sie gelten auf lange Sicht als ertragreicher, weil die Kunden mit einiger Laufzeit mehr zahlen als mit dem früher üblichen Paket aus Lizenzsoftware gegen hohe Einmalgebühr und anschliessendem Wartungsvertrag. Zunächst aber bedeuten die Cloudverträge Einbussen, weil anfangs die hohen Verkaufspreise der Lizenzsoftware wegfallen.
KI und andere Neuerungen sollen bei SAP künftig den Cloudversionen der Software vorbehalten sein, die Wartung von bestimmten Produkten fest installierter Software läuft auf Sicht aus. So will Klein den Kunden die Cloudangebote schmackhaft machen.
Insgesamt steigerte SAP den Umsatz um 6 Prozent auf 31,2 Milliarden Euro. Im Tagesgeschäft kletterte das bereinigte operative Ergebnis um neun Prozent auf 8,7 Milliarden Euro. Im Schlussquartal half dabei gerade auch das lukrative Lizenzgeschäft, das deutlich weniger abfiel als von Experten zuvor geschätzt.
Der Nettogewinn stieg auf 5,9 Milliarden Euro, das war mehr als das Dreifache des Vorjahresgewinns. Vor allem der milliardenschwere Sonderertrag aus dem Verkauf der ehemaligen US-Marktforschungstochter Qualtrics trieb den Überschuss nach oben.