Seco gibt Entwarnung: Zuwanderung führt nicht zu Lohndumping
Laut Seco wirkt sich die Personenfreizügigkeit positiv auf den Arbeitsmarkt aus. Doch das Abkommen hat auch Platz für zwei prekäre Arbeitsformen geschaffen.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Anteil der Zugewanderten am Total der Arbeitskräfte betrug im letzten Jahr 32 Prozent.
- Laut Seco wird von keinem signifikanten Lohndruck wegen Zuwanderung ausgegangen.
Von der Zuwanderung aus EU/EFTA-Staaten sei in den letzten Jahren kein signifikanter Lohndruck auf die Schweizer Bevölkerung ausgegangen. Dies sei den flankierenden Massnahmen zum Schutz der Lohn- und Arbeitsbedingungen zu verdanken.
Zu diesem Schluss kommt das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) im 15. Bericht des Observatoriums zum Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU. Darin werden die Auswirkungen der Personenfreizügigkeit auf den Schweizer Arbeitsmarkt und die Sozialversicherungen untersucht.
Laut Seco ist Zuwanderung ist stabil geblieben
Der Anteil der Zugewanderten am Total der Arbeitskräfte betrug im vergangenen Jahr 32 Prozent, hält das Seco fest. Damit lag die Schweiz europaweit hinter Luxemburg an zweiter Stelle. Den grössten Anteil an der EU/EFTA-Nettozuwanderung in die Schweiz hatten Personen aus Nord- und Westeuropa, gefolgt von Osteuropa.
Die hohe Zuwanderung sei aber nicht nur der Personenfreizügigkeit zuzuschreiben, hält Daniel Lampart vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund fest. Das Internet habe auch die Stellensuche globalisiert.
Lohndumping wird mit flankierenden Massnahmen bekämpft
Sowohl positive wie auch negative Lohnunterschiede zwischen Zugewanderten und Ansässigen sind laut Seco zu erklären. Zum Beispiel mit Unterschieden hinsichtlich Alter, berufliche Stellung und Branchentätigkeit.
«Das Personenfreizügigkeitsabkommen hat den Arbeitnehmern stabilere Aufenthaltsrechte gebracht», hält auch Daniel Lampart fest. «Sie können sich besser gegen Lohndumping wehren. Zusammen mit den Lohnkontrollen konnten wir die Situation gegenüber dem alten Kontingentssystem verbessern.»
Zwei neue prekäre Arbeitsformen
Das Thema Lohndumping ist damit aber noch nicht vom Tisch. «Leider sind mit dem Personenfreizügigkeitsabkommen auch zwei neue prekäre Arbeitsformen eingeführt worden.» Laut Daniel Lampart ist das zum einen die Entsendungen aus dem Ausland und die Temporärarbeit.
Entsendungen sind ausländische Firmen, die im Gastland Dienstleistungen erbringen. Ihr Personal ist im Herkunftsland zu wesentlich tieferen Löhnen als in der Schweiz angestellt. Lampart: «Weil die Arbeitnehmer nur vorübergehend in der Schweiz tätig sind, lassen sie sich kaum gewerkschaftlich organisieren.»
Auch in der Temporärarbeit, welche seit der Personenfreizügigkeit stark zugelegt hat, sieht Lampart ein Dumpingrisiko. Bei rund einem Drittel der Lohnkontrollen gebe es Beanstandungen. «Heute dürfen Temporärfirmen Kurzaufenthalter und Grenzgänger verleihen. Vor Einführung der Personenfreizügigkeit war nur der Verleih von Arbeitskräften mit Daueraufenthaltsbewilligung erlaubt.»
«Lohnschutz muss im Rahmenabkommen gewährleistet sein»
Um negative Auswirkungen der Personenfreizügigkeit zu verhindern, müssen laut Lampart die flankierenden Massnahmen gestärkt werden. «Der Marktzugang für ausländische Firmen ist gewährleistet. Deshalb muss auch der Lohnschutz im Rahmenabkommen mit der EU verankert sein.»
Zur Verhinderung von Missbräuchen bei Temporärarbeit fordert der SGB das Gleichbehandlungsprinzip. Lampart: «Temporäre müssen zu gleichen Bedingungen angestellt sein, wie Festangestellte.»