Statt Europa: Schweiz soll wirtschaftlich näher an die USA rücken
Der CEO der amerikanischen Handelskammer sieht auch nach den US-Wahlen gute Chancen für die Schweizer Wirtschaft in den USA.
Das Wichtigste in Kürze
- Die USA blieben ein Zugpferd für die Schweizer Wirtschaft, sagt Rahul Sahgal.
- Er ist CEO der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer.
- Europa sei weniger relevant: Die Schweiz müsse wirtschaftlich näher an die USA rücken.
Trotz des Wechsels im Weissen Haus bleibe Amerika seiner Meinung nach ein wichtiger Markt für die Schweiz. Dies sagt Rahul Sahgal, der CEO der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer im Interview mit der «NZZ». Er sieht trotz politischer Veränderungen in den USA eine vielversprechende Zukunft für die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern.
Weiteres Wirtschaftswachstum auch unter Trump 2.0
Sahgal betont: «In den vergangenen 30 Jahren gab es während 18 Jahren eine demokratische und während 12 Jahren eine republikanische Administration.» Das Verhältnis Schweiz-USA sei in dieser Zeit – mit den üblichen Ups und Downs – grundsätzlich gut gewesen. Er betont auch das starke Wachstum des US-Marktes als einen Hauptgrund für diese positive Entwicklung.
«Der US-Markt ist mittlerweile der einzige relevante Markt, der noch wächst», erklärt er weiter. Er gehe davon aus, dass die amerikanische Wirtschaft auch unter Donald Trump weiter wachsen werde. Damit bleibe sie das Zugpferd für die Schweizer Wirtschaft.
Auch kompetitive Branchen profitieren
Sahgal ist überzeugt davon, dass selbst stark umkämpfte Industrien wie etwa die Pharmaindustrie vom anhaltenden Wachstum profitieren werden. «Weil der US-Markt generell wächst, wird der Kuchen auch für die Schweizer Wirtschaft grösser», sagt er.
Er verweist auch auf die Stärke der Schweiz in zukunftsweisenden Technologien wie künstlicher Intelligenz oder Drohnen-Software. Hier gelte es, die Zusammenarbeit zu suchen: Wenn die Schweiz diese technologische Revolution nicht verpassen wolle, sollte sie sich den USA so weit wie möglich anschliessen.
Die Gefahr der US-Schuldenwirtschaft
Trotz seiner grundsätzlich positiven Einschätzung sieht Sahgal auch Risiken. Eines davon ist die hohe Verschuldung der USA, die längerfristig gesehen ein Problem darstelle, warnt er. Er hält jedoch einen kurzfristigen Zusammenbruch für unwahrscheinlich. Trotz hoher Schuldenquoten sei das Vertrauen in Staatsanleihen bei Investoren nach wie vor gross.
Zur Gefahr der möglichen Ausweitung der Staatsverschuldung unter Donald Trump meint Sahgal: «Nach seiner ersten Amtszeit war das der Fall. Das lag zum einen an der Pandemie, zum andern daran, dass Trump die Unternehmenssteuern stark gesenkt hat.» Diese Senkungen hätten sich nicht wie erhofft selbst finanziert.
Zollerhöhungen und ihre Auswirkungen auf die Schweiz
Sahgal äussert sich auch zu den möglichen Auswirkungen von Zollerhöhungen auf die Schweizer Wirtschaft: «Trump droht ja immer mit Flat-Rate-Zöllen: 10 bis 20 Prozent Steuererhöhungen für alle ausländischen Produkte – egal, woher diese kommen. Zollerhöhungen sind allerdings inflationstreibend, und das Thema Inflation hat stark mitgeholfen, dass Trump gewählt wurde.»
Er betont jedoch auch die Rolle des Kongresses in der Handelspolitik und stellt fest: «Trump dürfte aber gerade zum Anfang seiner Amtszeit mit Zollerhöhungen drohen. Das hat er bei seiner ersten Amtszeit schon so gemacht».
Die Schweiz sollte sich den USA annähern
Auf die Frage, ob die Schweiz sich angesichts der Wahl Trumps näher an Europa heranrücken sollte, antwortet Sahgal: «Die Schweiz muss näher an die USA rücken. Wir sind ein liberales Land, und die USA sind der grosse Zukunftsmarkt: That's where it's happening.»
Rahul Sahgal wiederholt seine Zuversicht bezüglich einer positiven Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen unter einer zweiten Amtszeit von Donald Trump. «Ich denke, die Chancen, dass die Administration Trump 2.0 eine Fortführung der Administration Trump 1.0 ist, stehen gut», so Sahgal abschliessend.